Buch + Kunst: Katalog. Dokumentation. Archiv (der Performancekunst)

Bücher von Gewicht - über VALIE EXPORT, Joan Jonas und die Wiener Aktionisten

Barbara Büscher (Leipzig/Köln)
Zwei gewichtige Bände zum Werk zweier wichtiger Protagonistinnen der Geschichte der Performancekunst, VALIE EXPORT und Joan Jonas, bilden den Ausgangspunkt für Überlegungen, unter welchen Bedingungen und wie sie als ›archivische Konstellation‹ gelesen werden können (und sollen). Ausstellungskatalog der eine und Werkmonographie der andere, markieren sie zugleich zwei unterschiedliche Beziehungen zwischen Buch und Kunst, die als „artists’ publication“ noch weitere eingehen können. Das Buch als Medium der Kunst ist „etwas, das bleibt“ – sei es von der temporären Konfiguration einer Ausstellung oder von Aufführungen aller Art, Performances und Installationen inklusive. Gleichzeitig ermöglicht es einen transportablen, an vielen Orten möglichen, relativ gut erreichbaren Zugang zur Geschichte von performativen Ereignissen. Und: gelegentlich werden Bücher auch selbst zum Ereignis oder werden dazu genutzt, eines herzustellen, wie es Peter Weibel 1997 mit seiner Informationsskulptur zum Wiener Aktionismus tat, mit 50 000 Exemplaren einer eigens hergestellten 784-seitigen Dokumentation, mit der er den österreichischen Pavillon auf der Biennale von Venedig füllte.

A Room Full of Ideas

Ieva Astahovska (Riga), Indrek Grigor (Tartu), Māra Žeikare (Riga)
In 2015, the Latvian Centre for Contemporary Art (LCCA) celebrated the year of Hardijs Lediņš and in the autumn of 2016, it released a book entitled Workshop for the Restoration of Unfelt Feelings. Juris Boiko and Hardijs Lediņš. The same year, an exhibition of Juris Boiko's works opened at the Latvian National Museum of Art. The Workshop for the Restoration of Unfelt Feelings (NSRD) was one of the most significant phenomena of the Latvian art scene in the 1980s, as it quite literally expanded the boundaries of art. Along with its core members, Juris Boiko and Hardijs Lediņš, a number of artists, musicians, architects and other talents were active in it from 1982 to 1989. Estonian art critic Indrek Grigor reviewed Ieva Astahovska and Māra Žeikare's book on The Workshop for the Restoration of Unfelt Feelings, which served as the starting point for their conversation.

How to take care of unruly archives: A conversation with Lisa Darms, editor and archivist of The Riot Grrrl Collection

Lucie Ortmann (Essen)
In den 1990er Jahren äußern sich Akteurinnen der feministischen Bewegung der Riot Grrrls insbesondere über multimedial gestaltete Zines und Flyer. Die 2009 initiierte Fales Riot Grrrl Collection an der New York University, die größtenteils aus persönlichen Archiven von Protagonistinnen der Bewegung besteht, macht die Druckerzeugnisse, die in geringen Auflagen und lokal begrenzt publiziert wurden, erneut zugänglich. Mein Beitrag untersucht anhand der Buchpublikation The Riot Grrrl Collection (2013) und in einem Interview mit der Herausgeberin und Archivarin Lisa Darms das spannungsgeladene Wechselverhältnis zwischen einer explizit für die Gegenwart bestimmten, flüchtigen Produktion und der intensiven Sammeltätigkeit dieser Druckerzeugnisse, auch durch die Produzentinnen selbst. In welchem Zusammenhang steht dies zu Sammelaktivitäten von Fans? Und inwieweit löst die Publikation der Zines genau diese Grenzen zwischen Künstlerinnen und Rezipientinnen / Fans in einer kulturellen Bewegung auf? Wie werden die Druckerzeugnisse in der Riot Grrrl Collection und der Buchpublikation heute kontextualisiert und neu produktiv gemacht?

Textverarbeitung. Über das Büchermachen in digitalen Zeiten

Radio-Feature von Joachim Büthe (Köln)
Thematisiert wird in diesem Auszug aus der schriftlichen Fassung des Radio-Features das Buch als Archiv im Unterschied zu digitalen Strategien der Archivierung. Weitere Themen der Sendung waren die Veränderungen, die das Herstellen und das Gestalten von Büchern durch die Digitalisierung erfahren und hinzugewonnen hat, die Konkurrenz und die unterschiedlichen Profile von gedrucktem Buch und E-Book, sowie die Problematik von open access. Neben dem Wissenschaftshistoriker Michael Hagner, dem Buchgestalter und Spector-Verleger Markus Dreßen und dem Bibliothekswissenschaftlicher Uwe Jochum, die im Auszug zu Wort kommen, waren die Buchgestalter Florian Lamm und Jakob Kirch, die E-book-Verlegerin Christiane Frohmann und die Spector-Verlegerin Anne König Gesprächspartner_innen des Autors

Source Materials of the Contemporary Arts – Das Buch als Medium für neue Kunst

Barbara Büscher (Leipzig/Köln)
Yvonne Rainer: Work 1961-1973, eine der wichtigsten Quellen über die frühen Arbeiten der Tanz- und Fimkünstlerin, erschien 1974 in Halifax (Kanada) in einer von Kasper König am Nova Scotia College of Art and Design (NSCAD) kuratierten und produzierten Buchreihe. Die Nova Scotia Series bilden eine besondere Form von Archiv und Medium der Künstler_innen, die nicht mit einem Werk- oder Ausstellungskatalog vergleichbar sind. Sie sind es u. a. deswegen nicht, weil sie von künstlerischen Arbeiten handeln, die weniger ein abgeschlossenes Objekt als Werk umfassen, als vielmehr konzeptuelle und performative Prozesse beinhalten. Anhand von verschiedenen Materialien und einer Liste der Buchtitel rekonstruiert der Beitrag konzeptionelle Überlegungen und Kontexte sowie Produktionsprozesse und Gegenstände der Bücher.