Intermediale Prozesse: Film – Performance – Fotografie

Passagen zwischen Tanz, Fotografie und Film. Zu Yvonne Rainers Film „Lives of Performers“ (1972)

Susanne Holschbach (Berlin)
„Lives of Performers“ wird im Vorspann dem Genre des Melodramas zugeordnet. Dass man jedoch keinen Film mit einer Narration im konventionellen Sinn, eine Verkörperung dramatischer Gefühle durch Charaktere, eine auf Identifikation durch das Publikum zielende Darstellung der Schauspieler erwarten kann, deutet sich schon im Prolog an. Es geht nicht um Verkörperung, sondern um Repräsentation von Gefühlszuständen und Beziehungskonstellationen, die mit den Mitteln der Performance einer Art von Versuchsanordnung unterzogen werden. Eine tragende Rolle spielt dabei die Fotografie und das Fotografische. So arbeitet der Film in großem Ausmaß mit Inszenierungsformen wie der Pose, dem Mise en abyme und dem Tableau vivant.

„Your task is one of abstraction.” Wie Babette Mangoltes Filme für Trisha Browns Choreografien eine mediale Form finden.

Sabine Nessel / Linda Waack (Berlin)
"Water Motor", der Film mit dem Babette Mangolte 1978 das Solo von Trisha Brown dokumentierte, wird im Kontext anderer Arbeiten von Mangolte als eine spezifische Form, Bewegung zu modulieren und zu reflektieren untersucht. Dabei steht weniger die Indexikalität des Films im Zentrum als vielmehr die filmische Signatur, die Mangoltes Arbeiten verbindet, sowie die Frage, wie sich ihre ästhetischen Entscheidungen mit Diskursen der Filmgeschichte und Filmtheorie verschalten lassen. Anhand von drei Beispielen zeigen die Autorinnen, dass die Filme eine strukturale mediale Dimension freilegen. Mangoltes Filme machen, indem sie eine Wiederholungsstruktur aufweisen, das Problem der Rekonstruktion von Bewegung selbst zum Thema. Das Moment der Wiedererkennung offenbart dabei den Tanz als medial reflektiert.

Framing Performance Art. Acts of Documenting “Being and Doing” (1984)

Ulrike Hanstein (Weimar/ Jena)
To explore documenting practices in detail that use the time-based medium of film to engage with performance art’s negotiation of duration and disappearance, this article addresses Stuart Brisley’s and Ken McMullen’s 16 mm film “Being and Doing”. “Being and Doing” is an experimental, highly subjective documentation of live art practices of the late 1970s and early 1980s in Eastern and Western Europe. The film’s highly concentrated and rhythmically elaborate montage assembles photographs, sound recordings, footage of communal rituals, and artists’ performances with a voice-over narration by Brisley. Starting from a detailed analysis of particular montage sequences the article elaborates on the inventive aesthetics of “Being and Doing” as a conjunction of body art practices and a process-oriented mode of documentation, which is concerned with the frame as the essential constituent of film form. For the film’s viewers, the tangled relationship between images of physical activities and the experimental film practice support a material experience of time and duration: the filmic images emerge as objects and as time-based acts.

Die Choreografie verschiebt Perspektiven, die filmische Transformation akzentuiert die Verschiebung

Brigitta Burger-Utzer (Wien)
Im Zentrum meiner folgenden Darstellung stehen Charakteristika der Filme von Mara Mattuschka, die in Kooperationen mit Chris Haring und liquid loft entstanden sind, und die Frage, in welcher Weise sie zur Transformation der Bühnenperformances beitragen. Eine Dokumentation der Tanz-Perfomances, die in der gängigen Ausformung in einer Totalen und in einem Take oder mit mehreren Kameras auf der Bühne gefilmt wird, stand nie zur Diskussion. Vielmehr versuchte Mattuschka mit dem Medium Film Verknüpfungen von Bild,- Sound,- und Körperchoreografien zu entwickeln, die die Qualitäten der jeweiligen Dramaturgien akzentuieren.

Transformation und Maskerade: zum Verhältnis theatraler/performativer und filmischer Inszenierungsmodi im Film

Barbara Büscher (Leipzig/Köln)
Filmische Aufzeichnungen von Aufführungen – sei es Theater, Tanz oder Performance – sind Transformationen und folgen deren medialen Bedingungen, auch wenn sie sich als Dokumentation verstehen. Sie überführen Raum und Dauer eines performativen Ereignisses in filmische Parameter, konstruieren sie neu und anders. Am Beispiel von Babette Mangoltes Film „Marina Abramovic – Seven Easy Pieces“ untersucht der Text einen solchen Transformationsprozess. Und stellt ihm eine andere intermediale Bewegung zur Seite, konfrontiert ihn mit der Frage: was interessiert Filmkünstler_innen an einer deutlich als theatral markierten mise en scène? Arbeiten der Wiener Künstlerin Mara Mattuschka bilden die Basis für die Suche nach Antworten auf diese Frage. Mit dem Begriff der Maskerade und seinen verschiedenen Bedeutungskontexten werden Verfahren der Schichtung verschiedener künstlerischer Techniken und Gestaltungsparameter beschrieben, so eben auch das Verhältnis von theatraler und filmischer Inszenierungs-modi, die in der Schichtung verhüllen und enthüllen, unterbrechen und ‚denaturalisieren‘, was in die jeweiligen Rezeptionsweisen als transparent eingegangen ist.