Choix d'un passé

Transnationale Vergegenwärtigungen kolonialer Hinterlassenschaften

Brigitta Kuster (Berlin)

 

 

 

 

„Vielleicht ist es nicht ganz unwesentlich, die Geschichte dort beginnen zu lassen, wo mich vor ein paar Jahren die Kunde über einen möglichen Zeugen zu Ereignissen aus der deutschen Kolonialzeit Ende des 19. Jahrhunderts im heutigen Kamerun erreichte, und zwar in Form einer Erinnerung, die sozusagen als Gepäck einer gegenwärtigen Migrationsgeschichte mitgeführt wurde. Auf diese Weise kam es dazu, dass das Zeugnis zu dem Mord am Urgroßvater von Moïse Merlin Mabouna aufgerufen wurde, nach dem du fragst. Es war gewissermaßen zuerst da und rückte erst mit der Zeit, und in dem Prozess, ihm Bedeutung und „Wahrheit“ abzugewinnen, in ein Verhältnis zu anderen Wissensformen, wie sie etwa im kolonialen Archiv enthalten sind." (Kuster 2016, 11)

 

Brigitta Kusters Essay zur Aus/Wahl einer singulären Vergangenheit beleuchtet unterschiedliche Aspekte und Problemstellungen im Umgang mit der Erforschung und Verarbeitung von Geschichte im Kontext des deutschen Kolonialismus. Sie vergegenwärtigt die spezifische Geschichte des Mordes an Bisselé Akaba, der Ende des 19. Jahrhunderts im von den deutschen Kolonisierern so genannten Hinterland des heutigen Kameruns umgebracht wurde. Der hier erprobte Umgang mit der Inkommensurabilität eines kritischen Umgangs mit deutschen kolonialen schriftlichen, bildlichen und kartographischen Quellen auf der einen, sowie mündlicher und lokaler Überlieferung auf der anderen Seite, leistet einen metadisziplinären Beitrag zur postkolonialen Debatte um das koloniale Archiv bzw. die bibliothèque coloniale.

Das erste Kapitel "Heimsuchung" ihres Essays Choix d'un passé - transnationale Vergegenwärtigungen kolonialer Hinterlassenschaften folgt hier als Vorschlag und Aufforderung unter dem angegebenen Link weiterzulesen.

 

HEIMSUCHUNG
Jede Geschichte nimmt irgendwo ihren Anfang. Diese hier beginnt mit einer Begegnung Anfang der 2000er Jahre am Ausgang einer Unterkunft für Asylsuchende in Sachsen-Anhalt in Deutschland: Sozusagen als Gepäck einer Migrationsgeschichte mitgeführt, gelangte eine diffuse Erinnerung an Ereignisse der deutschen Kolonialzeit in Kamerun Ende des 19. Jahrhunderts dorthin. Kam sie zurück, oder ist sie erst dort entstanden? Unbeholfen habe ich damals in mein Notizheft geschrieben, was ich noch kaum verstehen konnte: „grand-père paternel Amatagana Bisselé Joseph“, „chef supérieure – Balamba – village“. Die Geschichte des Kolonialismus und seiner Verhältnisse gehörte kaum zu der Welt, in der ich mich bisher auskannte und zu der ich mich in Bezug gesetzt hatte. Nun aber tauchten diesbezügliche Chiffren auf, die ich verunsichert und unbeholfen niederschrieb. Namen. Jahreszahlen. Bruchstücke der Geschichte einer unerhörten Gewalt. 1892 war das. Um den Urgroßvater handelte es sich, um Bisselé Akaba. Die Deutschen hatten ihn getötet. Die Deutschen waren es auch, die später den Großvater an den Füßen aufgehängt und ausgepeitscht hatten.
In seinem 1901 veröffentlichten Buch Kamerun. Sechs Kriegs- und Friedensjahre in deutschen Tropen hielt der deutsche Hauptmann Hans Dominik fest, dass die Leute, die er in Kamerun traf und die er ‚Eingeborene‘ nannte, glaubten, die Hautfarbe des Weißen rühre daher, dass dieser zu lange unter dem Boden gelegen habe.[1] Die Weißen sind also Schwarze, entfärbt durch den Aufenthalt in der Erde oder im Wasser. Sie sind zurückgekommen, in einer Art zweiten Existenz, revenants, Wiedergänger, Gespenster. Ganz nahe Verwandte sind es, manchmal auch verstorbene Bekannte und doch aus einer sehr verschiedenen Welt, der unsichtbaren Welt der Toten; und sie riechen eigenartig. Ein Gespenst ist das unheimliche Zeichen einer Heimsuchung. Der dunkle Kontinent von Henry Morton Stanley, die weißen Flecken der Landkarte, die ‚Nicht-Wissen‘ in der Darstellung weißer Flächen zu systematisieren versuchen – all das ist bereits auf den Plan gerufen, als die Gespenster ankommen und an Land gehen. Der Ethnologe Philippe Laburthe-Tolra notierte in den 1960er Jahren Berichte über revenants, etwa die von Pierre Zogo Ekwa, Pierre Mvop oder Joseph Ntonga, und er zitierte den bekannten Übersetzer und Politiker Karl Atangana, der bereits in den 1910er Jahren in seinem in Ewondo und Deutsch erschienenen Werk Jaunde Texte über die weißen Wiedergänger geschrieben hatte.[2] Darin heißt es: „Im Jahre 1891 kam der erste Europäer, der ‚Vater des Streites‘, nach Jaunde. In den darauffolgenden Malen waren es andere Europäer: ‚Streit‘, ‚Fede‘, ‚Sawo‘ und Zenker kamen hin. Als die Jaunde den Europäer zuerst sahen, nannten sie ihn Gott, andere sagten: Es sind Geister (der Verstorbenen). Als die Leute einen Europäer sahen, der einem Menschen glich, der ihnen gestorben war (einem ihrer Verstorbenen), sagten sie auch: Dieser Mensch, das ist ja der und der; er ist von Kon gekommen (auferstanden).“[3] In der Sprache der Bëti nannte man die Ankömmlinge [n]nanga kon (weiße Geister) oder auch bezamba (Götter); man sagte: meyen bekon, j’ai vue des mânes, des esprits des morts (ich habe Manen gesehen, die Seelen von Toten).[4] Bereits Hauptmann Kund,[5] Menuolo genannt, kannte die weißen Wiedergänger und Curt von Morgen alias Bitombo wird sie einige Jahre nach ihm in seinem Buch von 1893 beschreiben.[6] Jean Pierre Mabouna-Bisselé, Vater von Moïse Merlin Mabouna erzählte im Jahre 2004: „Mein Name ist Mabouna, Jean Pierre, Sohn des Amatagana Bisselé Joseph, Enkel von Bisselé, dem Chef des Kanton Elip, bestehend aus zehn Dörfern und einer dreißigtausend Einwohner*innen zählenden Bevölkerung. Ich habe meinen Großvater nicht persönlich gekannt, aber ich bin mit seiner Geschichte aus der Erzählung meines Vaters, der seinen Platz eingenommen hat, vertraut. Mein Großvater war ein großer Krieger, er liebte den Kampf. Hier wie in fast ganz Subsahara-Afrika wollten die Leute keine weiße Hautfarbe sehen. Und vor allem da der Weiße Schuhe an den Füßen trug, brachte man ihn mit einem Gespenst in Verbindung. Man nannte ihre Schuhe – jene Rasse mit nur einem Zeh, wie man sie nannte, sei zu bekämpfen. Und wenn wir sie nicht besiegen, dann würden sie uns vernichten. Unsererseits war man barfuß.“[7]
Bei einer Heimsuchung geht es um etwas, das nicht präsent zu sein scheint, sondern abwesend, bereits weg oder sogar inexistent, und das sich plötzlich als eine bewegte und überaus flüchtige Bewandtnis erweist, mit unerwünschten Interferenzen, die der Kontrolle der Subjekte entgeht, ganz so als würden sie auf einer Art brodelnden Oberfläche stehen. Gespenster sehen, heißt, eine unsichtbare Anwesenheit erblicken, plötzlich. Eine unvermittelte Erkenntnis, die sich im Sinne des Erinnerns und des Anerkennens einstellt.
Wenn Gespenster hör- und sichtbar sind, wo sie doch üblicherweise als etwas Nicht-da-Seiendes gelten, dann muss es sich um einen produktiven Akt handeln, sie wahrzunehmen und damit eine empirische Evidenz ihrer Existenz zu generieren. Das Gespenst, so Avery F. Gordon, ist eine soziale Figur, deren Untersuchung eine*n an jenen Durchgangsort führen kann, wo Geschichte und Subjektivität soziales Leben hervorbringen.[8] Gordon zufolge geht es bei einer Heimsuchung um eine fragliche Erfahrung am Berührungspunkt von organisierter Gewalt und Bedeutung.[9] Gespenster sind Verkörperungen von partiell Gewusstem und Wahrnehmbarem, von etwas Verlorenem und Überkommenem vielleicht, das doch hartnäckig fortdauert. Gespenster anzuschauen oder mit ihnen zu sprechen, ist eine Weise herauszufinden, was geschieht und was geschehen ist. Man kann sich jedoch nicht vornehmen, ein Gespenst zu sehen, sondern es passiert einem. Man wird heimgesucht, meistens sogar unerwünschterweise. Das Gespenst ist eine hochaffektive Figur. Es beängstigt und lockt zugleich, in eine Perzeption einzutauchen, bei der nicht das Wissen über eine bestimmte Wirklichkeit zur Disposition steht, kein Wissen, über das man zu verfügen glaubt. Vielmehr geht es um ein Wissen, das sich eine*s bemächtigt, eine*n überkommt, über eine*n kommt – und dies im Sinne von Wiedererkennen und Anerkennen. Wenn im Folgenden die Frage lautet:
Was ist geschehen?
dann ist sie immer als Produktion einer Geschichte zu beantworten, wobei der Kern dieser Hervorbringung die Begegnung zweier Personen ist, von denen die eine diese Zeilen schreibt. In diesem Sinne ist choix d‘un passé, die Wahl einer Vergangenheit, als zentrale Devise und Vermächtnis der vorliegenden Geschichte zu verstehen: Eine Art Heimsuchung stand am Beginn des Unterfangens, nach dem zu suchen, was vorgefallen ist. Das fragliche Geschehen begann herumzuspuken, während wir eine Videoarbeit über das deutsche Migrationsregime und Asylsystem samt seiner Unterbringungs- und Versorgungsnormen realisierten, in denen Moïse Merlin Mabouna im Begriff war, sich als Bewohner einzufinden, während ich versuchte, ihn dort zu besuchen.[10] Diese Begegnung bildet den Bindestrich, trait d‘union; sie ist der Verbindungs- und Zwischenraum, aus dem eine verloren geglaubte Erinnerung zurückgeholt wurde, zurückkehrte – aus einer nicht immer konsistenten und überaus komplexen Kolonialgeschichte. Deutschland Bindestrich Kamerun.[11] Die Erinnerung, das Erbe und die Hinterlassenschaft eines von den Deutschen ermordeten, unbegrabenen Toten bestanden nicht der Unbilden der Migration zum Trotz fort – nein, sie wurden durch diese neu belebt. Was mich anbelangte, fühlte ich mich zunächst ertappt und aufgescheucht von diesem Gespenst, das mich erschreckte, weil ich nicht die leiseste Ahnung, nicht das blasseste Verständnis in meinem Wissen vorfand,in das ich diese diffuse Erinnerung, diese Geschichte der Vorfahren eines Freundes und eines ebenso brachialen wie systematischen Gewaltexzesses einzuordnen vermochte. Es geht um die Geschichte eines Toten ohne Grab, der sich seit den 2000er Jahren in Sachsen-Anhalt und Berlin daran machte, herumzugeistern. Gespenster haben eine tatsächliche,eine reale Präsenz – es handelt sich hier keineswegs um eine Metaphorik – und sie verlangen, dass etwas getan wird. Sie haben ihre eigenen Beweggründe, und ihr Auftauchen hat eine Veranlassung: Diese Heimsuchung fordert eine Vergegenwärtigung und Neubewertung der kolonialen Vergangenheit und des kolonialen Erbes zwischen Deutschland und Kamerun, insbesondere auch in der deutschen Sprache, in der diese Geschichte kaum präsent ist, in der Tote wie Bisselé Akaba namenlos und unbetrauert geblieben sind, als wären sie noch immer Gegner, die man deswegen nicht erinnert, weil ihre Feindschaft andauert und damit auch die Bemühung, ihnen jene Bedeutungslosigkeit und Nebensächlichkeit zu attestieren, die ihre Unschädlichkeit im eigenen Lebensalltag zu beweisen vermag. Die Präsenz einer so gearteten, von Latenzen geprägten Absenz ist die perfekte Ausgangslage für den Auftritt eines Gespenstes, denn die affektiven, aber auch die geopolitischen Prägungen der Kolonialgeschichte halten an. Die Funktion eines gespenstischen Eindringens liegt darin, auf diese Nicht-Erinnerung, die zugleich niemals ein glückliches Vergessen ist, zu verweisen. Paul Ricoeur zufolge existiert kein glückliches Vergessen ähnlich der glücklichen Erinnerung, weil Erinnern und Vergessen asymmetrisch sind. Vergessen ist ihm zufolge eine Art Reserve, eine unversiegbare Ressource der Erinnerung, ein tiefes, primordiales Vergessen („oubli profond, primordial“), den Wassern der Lethe verwandt.[12] Insofern ist die Wahl der Vergangenheit, choix d‘un passé, aktiv und als herstellender Akt von Geschichte, Erinnerung, Überlieferung und Erbe zu verstehen. Zum einen handelt es sich darum, aus einer Gemengelage, in der das Wissen über die koloniale Vergangenheit immer bereits in koloniale Machtverhältnisse eingelassen ist, etwas auszuwählen, etwas herauszulesen. Zum anderen unterstreicht die Wahl die Absicht, die Unterscheidung zwischen Geschichte und Erinnerung zu durchqueren.[13] Diese wird immer auch als eine Trennlinie zwischen Expertise und Gemeinschaft oder community, zwischen Disziplinarität und Betroffenheit gezogen und soll hier explizit unterminiert werden. Die traits d’union markieren dann den Versuch, die Kolonialisierung in spezifischen sozialen, ästhetischen und geographischen Verhältnissen, in die unsere Begegnung eingelassen ist, bzw. in den damit verbundenen Verknüpfungen, Übergängen und Übersetzungen zu lokalisieren und zu aktualisieren.
Avery Gordon konzipiert Spuk und Heimsuchung ganz und gar nicht als Trauma oder Verdrängung, sondern als „diese einzigartigen, wenngleich wiederholt auftretenden Momente, in denen einem das Zuhause unvertraut wird, in denen die gewohnten Bezüge, die man zur Welt hat, ihrer Orientierung verlustig gehen, […] und in denen das, was üblicherweise im blinden Fleck des eigenen Sichtfelds liegt, plötzlich in den Fokus gerät. Eine Heimsuchung erweckt Gespenster und modifiziert die Zeiterfahrung, die Art und Weise, in der wir gewohnt sind, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft voneinander zu trennen.“[14] Wenn ein Gespenst eine*n konfrontiert, dann greift es Zukunft und Vergangenheit zugleich an – und zwar beide nicht im Sinne ihrer Erscheinungsformen, die den Gebrauch von Daten und Zeitachsen impliziert, sondern als gelebte Zeit. (Kuster 2016, 13-21)

 

Der gesamte Essay ist in Buchform oder als online-Publikation hier zugänglich:  http://transversal.at/books/choixdunpasse

 

 

 

Filmstill À travers l'encoche d'un voyage dans la bibliothèque coloniale. Notes pittoresques
© Brigitta Kuster & Moise Merlin Mabouna.

 

Über das Buch hinaus fassen die AutorInnen Brigitta Kuster und Moïse Merlin Mabouna unter dem Titel Choix d’un passé. Traits d’union mehrere audiovisuelle Arbeiten ihres fortlaufenden Research/Video Projekts zusammen; darunter die drei Videoarbeiten 2006-1892 = 114 ans/jahre, 7 min., Loop, 2006; À travers l'encoche d'un voyage dans la bibliothèque coloniale. Notes pittoresques, 25 min., 2009 und Ndañga !, 40 min, D 2014-16.

 

Die Videos, an deren Ausgangspunkt die Geschichte des chief Bisselé Akaba, Mabounas Urgroßvater steht, der im Verlauf eines der Kolonialkriege 1892 gefangen genommen, gefoltert und getötet wurde, befragen das Erbe der deutschen kolonialen Operationen in Kamerun, indem sie Geschichts- und Erinnerungsbilder sowie Dynamiken von Erinnern und Vergessen oder von (nationaler) Geschichtsschreibung und ihren Lücken erkunden. Das, was es über die Ereignisse von 1892 zu erfahren gibt, wird nicht nur als ein gegenwärtiger Vorgang der Wissensproduktion und der Re-Imagination dargestellt, sondern im Dialog hervorgebracht. Narrativ fragmentarisch re-arrangieren die Videos filmische Passagen, die raum/zeitliche Verhältnisse neu zur Disposition stellen und Aktualisierungsmomente der kolonialen Vergangenheit herausarbeiten: zwischen Deutschland und Kamerun, zwischen Berlin und Yambassa, zwischen zwei AutorInnen mit unterschiedlich geprägten Blicken – einer weißen in der Schweiz geborenen Europäerin und einem in Deutschland lebenden Kulturproduzenten kamerunischer Herkunft –, zwischen kolonialer Epoche und postkolonialer Ära. Schauplätze – also gegenwärtige Orte, an denen sich die Geschichte um Bisselé Akaba aktualisieren lässt, abgespielt hat oder verliert – sowie Stimmen von Lebenden wie bereits lange Verstorbenen verfugen das audiovisuelle Material anhand von traits d’union, Bindestrichen: Sowohl Verbindungslinie als auch Markierung eines Zwischenraums, schneidet der Bindestrich eine Lücke, welche die Verschiebung einer Bedeutung trägt. Mit den traits d'union investieren die Videos in die oszillierenden Landschaften des Dazwischen, auch jenes zwischen Markieren und Entmarkieren. Auf der Suche nach einer De-Kolonisierung und De-Platzierung der Blicke und des Wissens avisiert Choix d'un passé. Traits d'union einen Raum, in dem sich die Erinnerung an die Geschichte des Kolonialismus transnationalisiert.

(Brigitta Kuster)

 



[1] Hans Dominik: Kamerun. Sechs Kriegs- und Friedensjahre in deutschen Tropen, Berlin 1901.
[2] Philippe Laburthe-Tolra: Vers la Lumière? Ou le Désir d’Ariel. A propos des Bëti du Cameroun. Sociologie de la conversion, Paris 1999.
[3] Karl Atangana und Paul Messi: Jaunde-Texte, nebst experimentalphonetischen Untersuchungen über die Tonhöhen im Jaunde und einer Einführung in die Jaundesprache, hrsg. und bearb. von Martin Heepe, Hamburg 1919, S. 140, https://archive.org/stream/jaundetextevonka00heepuoft/jaundetextevonka00heepuoft_djvu.txt.
[4] Vgl. Laburthe-Tolra: Vers la Lumière?, S. 51 f.
[5] Richard Kund gilt zusammen mit Hans Tappenbeck im Rahmen der von ihm geleiteten Südkamerun-Forschungsexpedition als Gründer der 1889 errichteten kolonialen Forschungsstation „Jaunde“. Richard Kunds Neffe Herbert Kund war ab 1903 in der „Schutztruppe“ Kameruns tätig.
[6] Vgl. Curt von Morgen: Durch Kamerun von Süd nach Nord, Leipzig 1893.
[7] Von mir aus dem Französischen übersetzte Aufzeichnung.
[8] Vgl. Avery F. Gordon: Ghostly Matters. Haunting and the Sociological Imagination, Minneapolis 1997.
[9] Vgl. Avery F. Gordon: Who’s there? Some answers to questions about ghostly matters, in: Tobias Hering (Hg.): Der Standpunkt der Aufnahme – Point of View, Berlin 2014, S. 463-481, hier S. 463.
[10] Vgl. auch Installation und Filmversion von Rien ne vaut que la vie, mais la vie même ne vaut rien, Moïse Mabouna Merlin & Brigitta Kuster, 25 min., DV, 2002/03.
[11]Allerdings gilt, mit Jacques Derrida (Die Einsprachigkeit des anderen oder die ursprüngliche Prothese [1996], Paderborn 2003) gesprochen, dass der Bindestrich, diese stumme Verbindung, nichts zu befrieden, zu beruhigen oder zuzudecken vermag; er kann keine Folter, keine Peinigung zum Schweigen bringen. Ein Bindestrich kann niemals schreckliche Erinnerungen auslöschen, er kann sogar das Entsetzen, die Verletzungen und Versehrungen verschlimmern.
[12] Paul Ricoeur: La mémoire, l’histoire, l’oubli, Paris 2000, S. 536 ff., hier S. 572. Im Unterschied zum Wiedererkennen, das ein einbrechendes Ereignis sei, ist das Vergessen nach Ricoeur aber nicht nur ein Vergessen als Reserve („oubli par réserve“), sondern kann auch durch Verwischung von Spuren entstehen („oubli par effacement des traces“) und somit das aktive Auslöschen und Ausstreichen bedeuten. Deshalb unterhält das Vergessen immer ein eigenes Dilemma mit dem Verzeihen (vgl. ebd., S. 536-589).
[13] Vgl. Seloua Luste Boulbina (L’Afrique et ses Fantômes, Paris 2015, S. 39), die diesbezüglich von der Naht spricht. Man müsse das, was in einer bestimmten Sichtweise von Ereignissen und Subjekten in chirurgischer Weise durchgeschnitten worden sei, wieder vernähen. „Erinnerung und Geschichte stehen einander nicht entgegen wie das Subjektive und das Objektive.“ Die Subjektivation ist Boulbina zufolge eher als eine Naht oder ein Nähen zu verstehen. (Ebd., Übers. BK.)
[14] Gordon: Who’s there?, S. 463, Übers. BK.

 

 

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