SAMMELN UND VERZEICHNEN ALS VERFAHREN

Archivbildung im Tanz aus der Sicht des Archivars

Laurent Sebillotte (Paris)
Das Material des Archivars im Tanz ist nicht jenes Flüchtige der Bewegung, das sich allem Wunsch nach Re-Präsentation widersetzt, sondern jene materiellen Spuren, die absichtlich oder unabsichtlich hinterlassen werden und ohne die es keine immaterielle Dauer und auch keinen Gedächtniswert gäbe. Am Beispiel der Archivsammlungen des französischen Centre national de la danse beschreibt der Beitrag Ordnungskriterien, Klassifizierungsmodelle und historische Kontexte, die bei der Erschließung tanzrelevanter Dokumente entwickelt worden sind.

Les archives en danse vues par l’archiviste

Laurent Sebillotte (Paris)
L’objet de l’archiviste en danse n’est pas cet éphémère qui contrarie toute ambition de re-présentation, mais ces traces matérielles, déposées intentionnellement ou non, sans lesquelles il n’est pas de persistance immatérielle et pas davantage d’empreinte mémorielle. Partant des fonds d’archives réunis au Centre national de la danse, l’article décrit des formes et méthodes de classification qui servent à mettre en place un système d’organisation et une présentation de documents relatifs à la danse.

Archivische Räume: Historisches Archiv und Archiv Galerie im Haus der Kunst

Sabine Brantl (München)
Mit der Einrichtung der Archiv Galerie hat das Haus der Kunst im März 2014 ein neues Format für die Präsentation seines Bestandes an historischen Materialien und ihrer Vermittlung etabliert. Basis sind die Bestände des Historischen Archivs, die 2004 erschlossen wurden. Der Beitrag diskutiert das kuratorische Konzept der Archiv Galerie sowie Anliegen und Perspektiven des Historischen Archivs. Der Beitrag behandelt Fragen der Aussagekraft archivarischer Materialien im aktuellen Kontext.

Visionary Archive: Kinogeschichte(n) zwischen Kairo, Khartum, Johannesburg, Bissau und Berlin

Stefanie Schulte Strathaus / Barbara Büscher
Das am 13. März 2015 in Berlin aufgezeichnete Gespräch beschäftigt sich mit Aspekten des mehrjährigen Projekts „Living Archive“ und dessen Fortführung „Visionary Archive“, das im Mai 2015 abgeschlossen wurde. Aus den Erfahrungen konkreter und interdisziplinärer Archivarbeit ergeben sich neue Perspektiven auf die Institution des Archivs einerseits, auf die Gedächtniskultur im Sinne eines meist hegemonial definierten Kulturbegriffs andererseits.

Virale Sammlungen

Susanne Holschbach (Berlin)
Ursprünglich für das Verwalten und ‚Teilen’ eigener Aufnahmen konzipiert, haben sich Photosharing-Portale mehr und mehr auch zu einem Ort der Präsentation privater Sammlungen entwickelt. Fotografiert, hochgeladen und verschlagwortet, können Sammlungsgegenstände nicht nur gezeigt werden, ohne sie aus der Hand zu geben: Über Metadaten und die Vernetzung von Sammler_innen entstehen neue, kollaborative Archive, gewinnen Sammlungen an Performanz. Einen großen Anteil solcher gemeinschaftlicher Sammlungen stellen Fundfotografien aus dem gesamten Zeitraum analoger Fotografie. So haben sich auf Flickr Gruppen zu verschiedenen Techniken und Zeiträumen, zu fotohistorischen Genres und Motiven konstituiert. Der Beitrag stellt mit Hidden Mother eine dieser Gruppen vor, um an diesem Beispiel die Voraussetzungen, die Regulierungsmechanismen, die Prozesse der Dissemination – online wie offline – einer solchen gemeinschaftlichen Sammlung zu erörtern.

Moment und Performance: Archiv-Ereignisse

Franz Anton Cramer (Berlin)
Es gehört zum gängigen Selbstverständnis von Performancekunst, die in ihrem Namen entstandenen Artefakte oder Werke als einzigartig, unwiederholbar und radikal singulär zu denken. Nur in ihrem Nicht-Sein soll ihr Dasein zu finden sein. Ihrem Wesen nach werden Performances daher geschichtslos, unhistorisch und überzeitlich gedacht. Aber sowohl Geschichtsschreibung wie künstlerische Praxis wissen, dass Gemachtes nicht einfach verschwindet. Aber wo geht es hin? Und wer findet es wieder? Der Beitrag untersucht an Beispielen von Performance-orientierten Ausstellungen neue Werkkonzepte und ihr Verhältnis zum Archivischen.