STEIM-Geschichten

Kurzschlüsse zwischen Klang und Körper seit den 1970ern

Andi Otto (Hamburg)

 

 

Michel Waisvisz - 2004 from STEIM Amsterdam on Vimeo.

Michel Waisvisz: “No Backup Concert”, STEIM 2004
Michel Waisvisz - 2004

 

STEIM steht für Studio voor Elektro-Instrumentale Muziek. Was aber ‘elektro-instrumental’ konkret bedeuten kann, ist nicht so leicht zu fassen, wie es vielleicht auf einen ersten Blick scheint. Schon beim traditionell Instrumentalen zielt die Frage nach einer Definition bald am Gegenstand vorbei, denn es bestehen keine Konzepte die etwas festschreiben, das wir gültig als Musikinstrumente bezeichnen könnten. Es fliegen den Musikinstrumenten immer neue Attribute zu, alles Kinder der Ästhetiken und Technologien ihrer Zeit. Und andersherum können Dinge zu Instrumenten werden, die zuvor außermusikalisch schienen; das kann man zum Beispiel im Werk von John Cage wunderbar nachvollziehen. Ferruccio Busoni, der 1907 seine berühmte Vision neuer Instrumente formulierte, steht als Pate für zahlreiche Musiker und Komponisten des 20. Jahrhunderts, die auf der Suche nach neuen Klängen den Weg über neue, individuelle Konfigurationen wählten.

Plötzlich, eines Tages, schien es mir klar geworden: dass die Entfaltung der Tonkunst an unseren Musikinstrumenten scheitert. [...] Die Instrumente sind an ihren Umfang, ihre Klangart und ihre Aufführungsmöglichkeiten festgekettet, und ihre hundert Ketten müssen den Schaffenwollenden mitfesseln.
(Busoni 1973: 33)


Busoni dachte dabei auch an das Telharmonium, das als einer der ersten elektronischen Klangerzeuger, zimmergroß und tonnenschwer, in die Geschichte eingegangen ist, und in dessen mikrotonale Fähigkeiten der Komponist große Hoffnung setzte (vgl.: Ruschkowski 1998: 18). Sobald beim Instrumentalen aber elektronische und digitale Medien ins Spiel kommen, und das tun sie heute selbstverständlich überall, rückt der Klang einerseits näher zum Komponisten, andererseits weiter weg vom Musiker. Hier erscheint die Komplexität des Begriffspaars ‘elektro-instrumental’. Das als Verschwinden der Ferne (Decker / Weibel 1991) umrissenene Phänomen – Medien können zeitliche und räumliche Distanzen eliminieren –, bedeutet in der Anwendung auf Musik, dass Komponisten im Studio sofort hören, woran sie arbeiten, indem sie unzählige Parameter von Klangerzeuger-Libraries aufs Komplexeste einstellen können. Gleichzeitig erfasst das verwandte Schlagwort vom ‘Verschwinden des Körpers’ (s. etwa Winkler 1999, Harenberg / Weissberg 2010) in digitalen Kommunikationsprozessen die Etablierung neuer Distanzen, wenn es um physische Interaktion geht, die für Musikinstrumente essentiell ist. Durch die Virtualisierung von Körperenergien (des Musikers sowie der des Klangkörpers selbst) hat sich zwar im letzten Jahrhundert ein immenses Potential für die Arbeit in Tonstudios entwickelt, die heute sogar in ein einziges Notebook passen. Was früher personal- und geräteintensive Produktionen benötigte, kann schon seit Jahren im virtualisierten Laptop-Studio der sogenannten Bedroom Producer stattfinden, ganz ohne Mikrofone und Musiker. Für die Bühne sind diese ‘distanzierten Verhältnisse’ (Großmann 2010) jedoch nur bedingt geeignet. Allzu häufig verschwindet der Körper dort ganz wörtlich, nämlich hinter einem Bildschirm.

 

 

Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle

Eine elektro-instrumentale ästhetische Strategie zu verfolgen, bedeutet in diesem Kontext, die Präsenz des Musikers im Umgang mit digitalen Prozessen zu re-inszenieren. Dafür gilt das wesentliche Augenmerk dem Baustein des Instruments, der zum Körper zeigt: dem Interface. Genau dies ist der Gegenstand des Research and Development am STEIM. An der Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle elektronischer Musik arbeiten Künstler und Techniker dort bereits seit 1969. Sie realisieren individuelle Instrumental-Projekte, die sich zweifellos als Avantgarde bezeichnen lassen, als die Vorhut, die Impulse in zeitgenössische künstlerische Strömungen gibt.

Als Artist-In-Residence-Studio hat STEIM bis heute zahlreiche Entwicklungen unterstützt, die es zwar auf Bühnen und in Ausstellungen zu weltweitem Renommee gebracht haben, die aber im theoretischen Diskurs der Kultur- und Musikwissenschaften nur am Rande ein Rolle spielen. Die gegenwärtig u. a. vom Autor betriebene Aufarbeitung des STEIM-Archivs kann dazu beitragen, konkrete Phänomene aus der Geschichte des STEIM zu erfassen, zu beschreiben und damit die Diskurse zum Instrumentalen und Körperlichen in elektronischer Musik zu beleben.

„STEIM promotes the idea that Touch is crucial in communicating with the new electronic performance art technologies. […] At STEIM the intelligence of the body, for example: the knowledge of the fingers or lips is considered musically as important as the ‘brain-knowledge’." (http://steim.org/steim/about.html)

Körperliche Qualitäten, die traditionellen Instrumenten und Instrumentalisten eigen sind, sollen sich innovativ auf elektronische Künste anwenden lassen, so könnte man das Touch-Credo des Studios übersetzen.

STEIM konnte sich 1969 aus der lebhaften, politisch radikalen Jazz-, Fluxus- und Musiktheaterszene in Amsterdam heraus etablieren. ‘Politisch’ war diese Bewegung aufgrund der Überzeugung, dass Musik und Gesellschaft sich nicht trennen ließen. Gegen die Subventionierung des Althergebrachten an den Amsterdamer Konzerthäusern wurde mithilfe neuer, eigener Musik expressiv demonstriert. Die neuen technischen Mittel mussten sich in dieses Performance-Setting einbringen lassen. Großen Erfolg hatte die Gruppe der STEIM-Gründer (Misha Mengelberg, Louis Andriessen, Peter Schat, Dick Raaymakers, Konrad Boehmer, Jan van Vlijmen und Reinbert de Leeuw), als sie schließlich die Subventionierung einer eigenen multimedialen Oper erwirken konnte. Nachdem Reconstructie beim Holland Festival 1969 aufgeführt worden war, gründete sich das Studio aus dem Fundus dieser Produktion und wird seitdem vom niederländischen Staat gefördert.

 

 

Elektro-instrumentale Pionierarbeiten

Der vor drei Jahren überraschend früh verstorbene Musiker Michel Waisvisz (http://www.steim.org/michel) hat am STEIM zwei elektro-instrumentale Pionierarbeiten geschaffen: die Cracklebox aus der analogen Ära der 1970er und The Hands (1984) aus den Anfängen des digitalen MIDI-Zeitalters. Diese beiden Konfigurationen stehen paradigmatisch für STEIMs Instrumental-Entwicklungen.

 

Cracklebox von 1974

 

Wer eine Cracklebox für eine Minute in den Händen hält und ihr dieses eigentümliche Quaken entlockt, dem vermittelt sich die STEIM-Idee sofort: Hier wird elektronische Musik gemacht, und zwar ganz direkt, mit den Fingern. Sie berühren die offenliegenden Kontakte des Oszillators, der in eine kleine, handliche Holzkiste eingebaut ist, und sie schließen den Stromkreis, wobei ein feines Kribbeln entsteht. Sobald man sie anfasst, brummt, knackt, quakt und piepst die Cracklebox, greift man anders, klingt sie anders, und die Feuchtigkeit der Finger, ihre Größe und Position auf den Kontakten formen dabei das Klangergebnis. Man muss üben, um einigermaßen zu spüren, wo welche Klänge stecken. Es geht dabei nicht um Tonleitern und Harmonien, sondern um den Sound, den die Konfiguration im Kontakt mit dem Spieler möglich macht. ‘Kontakt’ ist hier im elektrotechnischen Sinn ganz wörtlich zu nehmen. Diese plötzliche Nähe zum elektronischen Sound übt eine Faszination auf jeden aus, der die Box zum ersten Mal zum Klingen bringt.

Michel Waisvisz begann 1973 im Team mit STEIM-Technikern und mit Unterstützung des Konservatoriums in Den Haag, die Cracklebox zu entwickeln. Seitdem hat sie sich zwar bereits über 4000 mal verkauft, besitzt aber trotzdem noch immer die Aura des Selbstgebastelten, des feinen Do-It-Yourself Hacks. Neben der kleinen Box gab es zahlreiche interaktive Installationsobjekte von Fahrrad bis Tee-Service, die das ‘Crackle-Prinzip’ einsetzen, sowie einen Crackle-Synthesizer, auf dem Waisvisz mit Jazzmusikern wie Steve Lacy oder Maarten Altena kooperierte. Rückblickend fasst Waisvisz 2007 das Konzept zusammen:

The great advantage was that by intuitively touching the electronics one could learn to play this new instrument without having to have schematic knowledge about the circuitry - very much like a traditional music instrument. It could be learned by playing by ear and developing experience and manual / mental skills instead of having to dive into a world of logic, functions, interaction schemes, electronic circuit theory and mathematical synthesis methods. One could play an electronic instrument in direct relation to the immediate musical pleasure of performed sound.
(Michel Waisvisz im Interview mit Andi Otto am 27. August 2007)


Die Cracklebox ist zwar klein und hat es noch nicht in die Enzyklopädien der Musikwissenschaft geschafft, aber dennoch ist es nicht übertrieben festzustellen, dass sie einen Paradigmenwechsel an der Schnittstelle zwischen Mensch und Klangmaschine vorangetrieben hat. Ganz ähnlich wie das berühmte Theremin schaut sie zum einen zurück auf traditionelle Musikinstrumente und zum anderen in die Zukunft elektronischer Klangerzeugung durch Körpergesten. Sie stellt in der Domäne des körperlosen elektronischen Klangs eine neuartige und kontinuierliche Nähe zum Spieler her. Sie bietet außerdem eine neue Klangästhetik, die sich in ihrer Rohheit und Widerspenstigkeit von zeitgenössischen Synthesizern abhebt; sie macht zudem deutlich, dass von ‘Kontrolle’ oder ‘Steuerung’ beim Spielen nur begrenzt die Rede sein kann.

Zeitgleich zu dieser Entwicklung hat Anfang der 1970er der beispiellose Erfolg des Minimoog-Synthesizers vorgemacht, wie man ein elektronisches Musikinstrument massenhaft verkauft. STEIM hat sich mit dem Crackle-Prinzip gegen die technische und ästhetische Macht des Keyboards positioniert und gezeigt, welche Klänge im Oszillator zwischen dem Raster der schwarzen und weißen Tasten schlummern. STEIM ist damit nicht nennenswert in den Musikmarkt vorgestoßen, hat aber eine kleine Ikone der Sound-Avantgarde der 1970er geschaffen, die noch immer fasziniert.

 

 

Michel Waisvisz mit einer frühen Version von "The Hands", ca. 1986

 

 

Gesten digitalisieren

Als sich 1983 der MIDI-Standard etablierte, um Computer, digitale Instrumente und Interfaces effektiv miteinander zu verbinden, hat sich das Keyboard als Standard-Eingabegerät global noch weiter durchgesetzt. Das MIDI-Protokoll ist so strukturiert, dass es durch Notennamen, Halbtonschritte und Werte für die Anschlagsstärke stets die Metapher des Piano- oder Orgelspiels ins digitale Spiel transportiert. STEIM entwickelte ein sehr frühes Beispiel eines sogenannten „alternative controller“ (Miranda / Wanderley 2006), der MIDI-Daten ohne Keyboard generiert. Bereits 1984 präsentiert Waisvisz sein MIDI-Interface The Hands (damals noch niederländisch De Handjes getauft) mit dem Stück „Beat Concert“ im Amsterdamer Concertgebouw. Dieses Interface war eine Pionierarbeit der digitalen Musiksteuerung, die das theoretische Konzept der analogen Cracklebox auf die neuen binären Verhältnisse zwischen Mensch und Klang überträgt. So wie die Cracklebox durch direkten, kontinuierlichen Körperkontakt einen Kurzschluss – am Keyboard vorbei – zwischen Musiker und Oszillator herstellt, so ermöglicht The Hands die Digitalisierung von Gesten, deren Bewegungsdaten von Sensoren erfasst und von einem Mini-Computer gewandelt werden. Diese digitalen Daten werden auf MIDI-Daten gemappt, die schließlich an einem Synthesizer (Yamaha TX-7) ankommen und Klang erzeugen.

 

Michel Waisvisz mit The Hands, ca. 1995. Bild-Quelle: STEIM Archiv

 

Michel Waisvisz mit The Hands, am Gürtel das "STEIM SensorLab",
in dem die Sensordaten gewandelt werden und per MIDI Kabel zum
Klangerzeuger gelangen. Bildquelle: STEIM Archiv.

 

Beschleunigung und Drehbewegungen der Hände können durch Quecksilber-Sensoren gemessen werden, Abstand durch Ultraschall, Fingerposition und -druck durch Schalter und Hall-Effect-Sensoren. Die Gestaltung des Sounds hängt direkt von den Bewegungen der Finger und Hände ab, ganz wie bei der Cracklebox. Lediglich der Kontakt ist virtualisiert, zu einem Datenstrom geworden, dessen Zielparameter für die Klanggestaltung frei zuzuweisen sind. Der erste Prototyp von The Hands besteht aus den genannten Sensoren an zwei Holzplatten, die mit Klettband um Waisvisz’ Hände geschnallt sind. Der Mini-Computer, der die analogen Sensordaten digitalisiert, hängt am Gürtel des Musikers, die Synthesizer stehen verborgen im Backstage. So kann in der Performance die volle Konzentration auf der Präsenz des Musikers liegen, eine Herausforderung, die Waisvisz grandios erfüllt. Der Yamaha TX-7 als FM-Synthesizer eignet sich ideal als Klangerzeuger für The Hands, denn bereits kleinste Verschiebungen von Parametern können sich in der Synthese durch Frequenzmodulation wesentlich deutlicher durchhören lassen als es bei anderen Syntheseformen der Fall wäre. So können sich auch feine Bewegungen des Performers transparent im Klang abbilden. Durch den Verzicht auf vorkomponierte Playbacks sind die Performances von Michel Waisvisz ein beeindruckendes Beispiel von live aufgeführtem elektronischem Klang, das in den 1980ern einzigartig ist und auch heute noch als außergewöhnlich auffällt.

The Hands sind im Gegensatz zur Cracklebox nie in Serie gefertigt worden, weil sie ein komplexes System aus Hard- und Software benötigen, das nicht intuitiv zu spielen ist. Eine reduzierte Version von The Hands, der Midi Conductor, wurde in STEIMs Touch-Ausstellungen und in der Lehre am Konservatorium in Den Haag eingesetzt. Auch hat William Forsythe zu Beginn der 1990er Jahre eine Choreographie für ein Exemplar der Hands für die Frankfurter Oper entwickelt (Quelle: Kaufbeleg im STEIM Archiv, erfasst vom Autor am 07. August 2011).

 

 

Anwendungen und Perspektiven

Die Erfahrung mit Sensortechnologie und deren Wandlung in MIDI-Daten, die das Team der STEIM-Techniker (hauptsächlich Frank Baldé, Peter Cost, Tom Demeyer und Paul Spaanderman) durch die Arbeit an The Hands im Bereich von Hard- und Software sammeln konnte, führt zu immer mehr Anfragen internationaler Künstler, die Ähnliches in ihre Arbeit integrieren wollen. Der australische Violinist Jon Rose erweitert den Geigenbogen am STEIM mit Ultraschallsensoren (ab 1987), Michael Barker versieht eine Bassblockflöte mit Sensoren (1989), Justin Bennet, Wikke t'Hooft und Roelf Toxepeus integrieren Sensoren in ihre multimedialen Performances als BMBCon (ab ca. 1990), Nicolas Collins verwandelt mit Ultraschallsensoren eine defekte Concertina in eine Steuerung für Klangerzeuger (1989) – um einige Beispiele zu nennen. Um eine flexible Lösung anzubieten, die von den KünstlerInnen selbst konfiguriert werden kann, entwickelt STEIM 1990 das SensorLab, ein Gerät, das den Minicomputer und alle Schnittstellen enthält, um die Daten von Sensoren in MIDI zu übersetzen. Es ist am Körper tragbar (mit Ausnahme des schweren Netzteils) und wird seitdem in zahlreichen Instrumental-Projekten und Installationsarbeiten am STEIM eingesetzt. Es kann durch die Software Spider konfiguriert werden. Herausragende Beispiele von Künstlerinnen, die das SensorLab in ihrer Arbeit verwenden sind etwa Laetitia Sonami’s Lady’s Glove (ab 1991 http://www.sonami.net/works/ladys-glove/), Steina Vasulkas Anwendung der SensorLab-Technologie auf Video durch die von ihr am STEIM entwickelte Software Image/ine (ab 1997, vgl. Spielmann 2005, 351 f.) oder Franziska Baumanns Handschuh-Controller zur Live-Bearbeitung ihrer Stimme (ab 2000, http://www.franziskabaumann.ch).

 

Laetitia Sonami's Lady's Glove

 

Seit 2000 wird das SensorLab am STEIM nicht mehr weiterentwickelt. In der vergangenen Dekade ist die künstlerische Arbeit mit Sensoren immer unaufwändiger geworden, was die Hard- und Softwareanforderung betrifft. Auf Hardwareseite gibt es Geräte aus der Videospielindustrie, wie Joysticks, Gamepads, Wii-Mote, Kinect etc., die für wenig Geld Konfigurationen anbieten, um Sensordaten digitalisiert auszugeben. Wer bis ins Detail selber konfigurieren möchte, hat seit einigen Jahren die Möglichkeit, günstige Printed-Circuit-Boards wie das Arduino oder das X-Bee zu verwenden, an das Sensoren angelötet werden können. Diese Boards lösen eine Reihe von kommerziellen, vorkonfigurierten Sensor-to-Midi-Convertern ab (für eine Übersicht siehe Kim 2011), deren früheste Vertreter das STEIM SensorLab 1990 darstellte.

Auf der Softwareseite haben Programmierumgebungen wie Max und Pure Data das Mapping von Sensoren enorm erleichtert. STEIM hat mit junXion (http://www.steim.org/steim/junxion_v4.html) eine eigene, relativ leicht zu erlernende Software veröffentlicht, die fast alle Daten aus der Peripherie eines Computers in musikalische Steuerdaten wandeln kann. Gerade jetzt, wo die Technologien zur Schaffung eigener elektro-instrumentaler Systeme relativ verfügbar sind, ist die Erforschung der Pionierarbeiten von großer Relevanz für neue Konzepte. Für die Generation der Musiker und Medienkünstler, die die Arbeit mit selbstgebauten Interfaces neu entdeckt, sowie für die interdisziplinären Forschungen, die unter Schlagworten wie Embodiment, Liveness oder Human-Computer Interaction die Musikwissenschaften bereichern, können diese Hintergründe ein wertvolles Fundament sein.

Die Geschichte(n) der frühen STEIM-Entwicklungen werden derzeit im Rahmen der Erfassung des STEIM Archivs aufgearbeitet.

Nachdem diese Dokumentation fast vier Jahrzehnte lang vernachlässigt wurde, gilt ihr gerade im Zuge der aktuellen Finanzierungskrisen durch kollabierende öffentliche Förderung großes Interesse, um die Relevanz und Reputation des STEIM zu kommunizieren. Für die Erfassung und Präsentation der Archiv-Daten (insbesondere AV-Materialien) arbeitet das STEIM mit zahlreichen Partnern zusammen, unter ihnen das ICAM (Institut für Kultur und Ästhetik Digitaler Medien) der Leuphana Universität Lüneburg, in dessen Schwerpunktbereich ‘((audio)) – Ästhetische Strategien’ derzeit eine Dissertation des Autors dieses Beitrags über die Geschichte des STEIM SensorLab entsteht.

 

 

Video Links:

http://www.youtube.com/user/STEIMTUBE

STEIM Amsterdam on Vimeo

 

 

PDF Download

 

Literatur:

Busoni, Ferruccio: Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst. Hamburg 1973 (OA 1907).
Decker, Edith; Weibel, Peter (Hg.): Vom Verschwinden der Ferne. Telekommunikation und Kunst (eine Ausstellung des Deutschen Postmuseums in Frankfurt am Main, 2. Oktober 1990 bis 13. Januar 1991). Köln 1990.
Großmann, Rolf: Distanzierte Verhältnisse? Zur Musikinstrumentalisierung der Reproduktionsmedien. In: Harenberg, Michael / Weissberg, Daniel 2010, 183-200. (Online unter: http://www2.hu-berlin.de/fpm/popscrip/themen/pst09/pst09_grossmann.html)
Harenberg, Michael / Weissberg, Daniel (Hg.): Klang (ohne) Körper. Spuren und Potenziale des Körpers in der elektronischen Musik. Bielefeld 2010.
Kim, Jin Hyun: Embodiment in interaktiven Musik- und Medienperformances – unter besonderer Berücksichtigung medientheoretischer und kognitionswissenschaftlicher Perspektiven. Osnabrück 2011 (Dissertation, Druck in Vorbereitung).
Miranda, Eduardo R. / Wanderley, Marcelo M. (Hg.): New Digital Musical Instruments. Control and Interaction Beyond the Keyboard. Middleton 2006.
Ruschkowski, André: Elektronische Klänge und musikalische Entdeckungen. Stuttgart 1998.
Spielmann, Yvonne: Video. Das reflexive Medium. Frankfurt a. M. 2005.
Winkler, Hartmut: Schmerz, Wahrnehmung, Erfahrung, Genuss. Über die Rolle des Körpers in einer mediatisierten Welt. In: Porombka, Stephan / Scharnowski, Susanne (Hg.), Phänomene der Derealisierung. Wien 1999. 211-223.