GESCHICHTE MARKIEREN

Eventful Evidence

Heike Roms (Aberystwyth)
This contribution introduces a current research project, which aims to approach the history and historiography of performance art through performative modes of transmission, especially those of Oral History. It considers the particular manner in which Oral History produces historical evidence, and how it performs itself as a scene of evidence. It argues that such performative engagements with the history of performance are nonetheless dependent on archival artefacts and in turn produce artefacts that get housed in the archive.

Ereignis und Evidenz

Heike Roms (Aberystwyth)
Dieser Beitrag stellt ein aktuelles Forschungsprojekt vor, dass versucht, sich der Geschichtsschreibung der Performance Art mithilfe performativer Ansätze zu nähern, vor allem denen der Oral History. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, auf welche Art und Weise solche Ansätze geschichtliche Zeugnisse produzieren und in Szene setzen. Selbst eine solche performative Aneignung von Performance-Geschichte bleibt dabei immer auf die Artefakte des Archivs angewiesen und erzeugt im Gegenzug wiederum Artefakte, die ins Archiv eingehen.

action fotografie 1956 – 1957

Jeannette Stoschek (Leipzig)
1956 konstituierte sich in Leipzig eine Gruppe junger Fotografen und Fotografinnen unter dem Namen action fotografie. Bei der Recherche ergab sich ein komplexes Bild einer sehr heterogenen Fotografengruppe, die engagierte Ziele für die Fotografie hatte, die sie jedoch auf Dauer nicht frei artikulieren oder künstlerisch umsetzen konnte. Den Kulturorganisationen der DDR war eine private Initiative, die im öffentlichen Raum auftrat, suspekt. Nach zwei Ausstellungen zerbrach die Gruppe 1957. Erstmalig konnten Fotografien der Gruppe in einer Ausstellung, die 60 Jahre Kunst in Leipzig zeigte, präsentiert werden.

Intermedia DDR 1985 - Ereignis und Netzwerk

Barbara Büscher (Leipzig/Köln)
„Intermedia I: Klangbild – Farbklang“ fand vom 1.-2.6.1985 in Coswig, nahe Dresden statt. Diese Veranstaltung gilt in zahlreichen Geschichten über die autonome bzw. inoffizielle Kunstszene der DDR als wichtiges Ereignis, an dem das ansonsten lose verbundene Netzwerk regionaler Szenen an einem Ort zusammen- und an dem Kunst- und Punkszene aufeinander traf. Musik, Malerei, Film und Tanz/Bewegung sind die Medien der Aufführungen, die als Intermedia, als Collagen in Zeit und Raum, beschrieben werden. Wie lässt sich die Vernetzung der Künste und die temporäre Vernetzung der Akteure anhand eines solchen ‚Knotens’ untersuchen und darstellen? Anhand von Archivmaterialien und auf der Basis von Gesprächen u.a. mit dem Kurator Christoph Tannert und der Fotografin Karin Wieckhorst will der Beitrag dieser Frage nachgehen. Zugleich soll anhand dieses Beispiels erörtert werden, inwiefern ein ereignisorientierter Zugang zur Geschichtsschreibung performativer Kunstformen in der Lage ist, die informellen und instabilen Beziehungen in einer unter Beobachtung stehenden Szene (oder: Szenen) sichtbar zu machen.

Geschichte als Einzelfall. Zum Verhältnis von Dokument und Erlebnis im Tanz

Franz Anton Cramer (Berlin/Paris)
Der Widerstand gegen Kunstgeschichtsschreibung ist ebenso groß wie die Notwendigkeit, Grundlagen der Diskussion und Verständigung zu schaffen. Alle Debatten um Kanonbildung, Ereignis- versus Werkgeschichte, sozialen Kontext im Gegensatz zu auratischem Wirkprozess, finden auch auf den Tanz Anwendung. Gleichwohl ist die Historiographie des Tanzes viel weniger weit entwickelt. Aber es gibt eine Geschichte des Tanzes. Ihre Kenntnis ist Voraussetzung für ein Entkommen aus der Falle der ewigen Innovation und subjektivistischen Produktionslogik im Namen der schieren Ästhetik. Notwendig sind Initiativen zur Visualisierung von Geschichte. Notwendig sind aber auch Auswahlprozesse, die sich gerade nicht nur von den Gegebenheiten der Überlieferung lenken lassen, sondern die Tiefenbereiche offenlegen. Im Fall des Tanzes sind das etwa Diskursgeschichte, Pädagogik, Stilanalyse oder Rechtsfragen, beispielsweise urheberrechtliche Aspekte.

Mistaken Identities, Part II

Daryl Chin (Brooklyn, New York)
Daryl Chin weist in seinem Vortrag über 'Mistaken Identities' auf Ungenauigkeiten, Verkürzungen und strategische Leerstellen hin, die bei der jüngeren Geschichts-schreibung wirksam sind. Das künstlerische Umfeld des Judson Dance Theater dient Chin als Material zu einem sehr detailreichen Blick auf Tendenzen der Vereinnahmung von Wirkungszusammenhängen. In his lecture given in May, 2010 at Berlin's Free University, Daryl Chin points out inconsistencies, omissions and fallacies in the historiography of the Judson Dance Theater and its tendencies to 'recuperate' certain facts and effects.