Elektronisches Schreiben als performatives Schreiben

Wolf-Dieter Ernst (München)

 

 

 

 

I Tabula Rasa

Auf welcher Fläche schreibt man, wenn man elektronisch schreibt? Für handschriftliches und mechanisches Schreiben wurden Flächen eigens hergestellt, etwa aus Stein geschliffen oder aus Fasern geschöpft. Tabula rasa – eine Fläche rasieren, schaben, glätten – so nennt man dieses Verfahren. Ist der Monitor, auf dem mein Text erscheint, eine solche Fläche? Ja und nein. Denn der Text wird nicht eingeritzt, er bleibt nicht. Das besorgt erst ein Befehl: 'Speichern unter XY'. Zugleich aber: Kann man sich ein unendlicheres tabula rasa vorstellen als die virtuellen Schreibflächen? Jeder Vorgang der Textverarbeitung beginnt mit einer unerschöpflichen Bereitstellung eines 'blank document', einer leeren Seite. Alle Monitore der Welt, alle blanken Dokumente der Welt aneinander gereiht – welche Ausmaße hätte diese Fläche doch!

Gilles Deleuze und Felix Guattari prägten den Begriff der 'glatten' im Kontrast zur 'gekerbten Fläche'. Auf der glatten Fläche bilden sich allererst Einkerbungen, Schriften und Schraffuren. Das Meer bei Windstille wäre in seiner öligen Trägheit so eine glatte Fläche, die eintönig erscheinende Wüste ebenfalls. Nicht wenige Cybertheoretiker haben mit dieser Metapher vom glatten Raum die künstlichen Schreibflächen der virtuellen Realität bezeichnet. Dabei übernahmen sie gerne auch den Gestus eines radikalen Anfangs, der sich im Bild der tabula rasa, der alles glättenden, auslöschenden Bewegung des ‚reinen Tisch machens’ überträgt.

Mit Zunahme der Beschriftung elektronischer Schreibflächen wird aber mehr und mehr deutlich, dass wir es mit allem anderen, als einem radikalen Neuanfang zu tun haben. Neu sind tatsächlich die Befehlsstrukturen, die Hyperlinks und interaktiven Icons, die elektronische Texte zu Programmoberflächen mutieren lassen. Neu ist das Lesen von Texten in Kaskaden verschiedener Fenster, welches das Umblättern der Buchseiten ersetzt. Die Inhalte freilich sind – wie bei allen neuen Medien – die der älteren Medien: Buch, Zeitung, Brief, Grenz- und Grabstein. Gleiches gilt für die grafische Gestaltung von Texten und Text-Bild-Montagen, die sich vielfach aus dem Fundus der Kunstbücher und dem Bildschatz der Surrealisten bedienen. In weiten Zügen ist elektronisches Schreiben im "Docuverse" [Winkler 1997a] von Regeln und Formen bestimmt, die im differenzierten Schreib- und Publikationsszenario für analoges Schreiben bereits erprobt sind. Elektronisches Schreiben also ist ein elektronisches Modell eines bereits bestehenden analogen Schreibszenarios. Wie jedes Modell verdichtet es, bringt etwas auf einen bestimmten Maßstab.

 

 

II Karten machen!

Es gibt ein Bild für diese Art des Modells: die Karte.[1] So wie elektronisches Schreiben noch einmal die anlogen Schreibarten und Schriften neu verzeichnet, archiviert, modelliert, so haben Kartografen ihre Ideen und Bilder der Welt in je spezifische Karten gebannt. In den Computerwissenschaften ist auf die Netzarchitektur bezogen der Begriff des Mapping gebräuchlich. Martin Dodge und Rob Kitchin beschreiben in ihrem Buch Mapping Cyberspace das Verfahren als das Sichtbarmachen der Infrastruktur des kybernetischen Raums:

Despite the massive growth of cyberspace in the last twenty years, the materiality that supports it, ICTs, is largely invisible (Batty 1990, Moss 1986). Much of this infrastructure is hidden underground, located in anonymous server rooms, placed in conduits and roof void, and housed in grey boxes that quietly humm under poeple’s desks. Given this invisibility, it is easy to assume that the infrastructure of cyberspace is as ethereal and virtual as the information and communication that it supports. However, the infrastructure has materiality that can be mapped onto geographic space and displayed using cartographic techniques. [Dodge/Kitchin 2001: 81]

Sie verstehen unter 'Mapping' also ein Verfahren, die unsichtbar ablaufenden Verknüpfungsprozesse, die das elektronische Netz, die Schreibfläche ausbildet, sichtbar zu machen und auf die physische Realität zu beziehen, ihnen einen anschaulichen Maßstab zu verleihen. Das Projekt eines Mapping Cyberspace wäre damit ein deskriptives Verfahren, welches dem Bau der Netze, der Hardware folgt und vor allem, ihn kontrollierbar machen soll. Der Bauplan des elektronischen Netzes, welches das Mapping Cyberspace Project abzubilden verspricht, wäre damit so etwas wie ein Schlüssel zum Wissen vergleichbar einem Quellcode für ein Programm. Vergleichbar auch dem Zugang zum oder dem Ausschluss vom elektronischen Schreibverfahren auf den Oberflächen der Textverarbeitungsprogramme, Webpages und E-Mail-Accounts, wie er differenziert über Userrechte, Administratorenstatus, Suchagenten und zunehmend über Abonnements und Rechnerleistung geregelt wird. Hartmut Winkler hat die Tendenz der Öffnung und Schließung von Zugängen, die sich mit der Verknüpfung von Rechnern als einem ‚many-to-many-Medium’ verwirklichten, kritisch als eine Bewegung des Ziehens (Pull) und Drückens (Push) beschrieben. Informationen warten im Netz, um bei angemessener Attraktivität vom Nutzer entdeckt und heraus gezogen zu werden. Dieser Bewegung stehe eine weitere Strömungsrichtung gegenüber, mit welcher weniger attraktive Medienangebote aufbereitet, verdichtet und an den möglichen Nutzer durch so genannte „push media“ geliefert, bzw. in den Markt ‚gedrückt“ werden. [Winkler 1997b] Im Wechselspiel von Pull und Push stoßen wir an die Grenzen des Modells. „Die schmalste Stelle, auf die alle Datenströme zulaufen, ist der Schirm und die Aufmerksamkeit des einzelnen Nutzers.“ [Ebenda]

Wir haben es in der Wahl des Maßstabes sowohl in Hinblick auf eine Karte wie auf das elektronische Netz als einer Einschreibefläche also mit einem ökonomischen Prozess zu tun, welcher sich wie folgt artikulieren ließe: Unbegrenztes Angebot an Fläche trifft auf das Nadelöhr, welches meine Aufmerksamkeit, mein Schreibschirm darstellt. Wie kaum ein anderer Schriftsteller hat sich der argentinische Erzähler Jorge Luis Borges mit Verfahren der Kartografie, des Schreibens und der Wissensarchivierung literarisch auseinandergesetzt. Sein Erzählung Der Aleph bringt den Kontrast unendlichen Schreibens und eines allumfassenden, enzyklopädischen Wissens bei limitierten Ressourcen an Aufmerksamkeit und Zugänglichkeit auf ein Paradox: Die Geschichte handelt von dem Dilettanten Carlos Argentino Daneri, welcher mit der Dichtung Die Erde beschäftigt ist, mit welcher er die „Gesamtrundung des Planeten in Verse bringen“ wolle. Die humoreske Schilderung dieses Schreibprojektes entbehrt nicht der aktuellen Parallelen auf Redundanzen und Lächerlichkeiten zeitgenössischer Netzkommunikation.

[I]m Jahre 1941 war er bereits mit einigen Hektar des Staates Queensland fertig, hatte er über einen Kilometer vom Lauf des Ob, einen Gasometer im Norden von Veracruz, die wichtigsten Geschäftshäuser im Gemeindebezirk von la Conceptión, das Landhaus von Mariana Cambáceres des Alvear in der Straße Elfter September in Belgrano und ein Türkisches Bad unweit des berühmten Aquariums von Brighton bewältigt. [Borges 1981: 124-141, 129]

Das literarische Problem, welches sich hier abzeichnet und das vom Ich-Erzähler als zusammen geschmiertes Gedicht, „dass die Grenzen der Kakophonie und der Konfusion ins Unabsehbare zu erweitern verspreche“ [Ebenda: 132] bezeichnet wird, hat seine Ursache innerhalb der Erzählung jedoch in einem Überangebot an Information (und einem Mangel an Formvermögen). Der Dilettant verfügt gewissermaßen über eine Flatrate jedoch nicht über Medienkompetzen. Denn im Keller jenes Hauses, in welchem Danieri um die Niederschrift der Welt in Verse bemüht ist, befindet sich ein „Aleph“, „der Ort, an dem, ohne sich zu vermischen, alle Orte des Erdenrunds sind, von allen Ecken aus gesehen.“ [Ebenda: 134]

Man kann beim Blick in das Aleph eine Art Multi-media- und Immersions-Erfahrung machen:

Im unteren Teil der Treppenstufe rechter Hand sah ich einen kleinen regenbogenfarbenen Kreis von fast unerträglicher Leuchtkraft. Anfangs glaubte ich, er drehe sich um sich selbst; später begriff ich, dass die Schwindel erregende Fülle dessen, was sichtbar in ihm vorging, an dieser Täuschung schuld war. Im Durchmesser mochte das Aleph zwei oder drei Zentimeter groß sein, aber der kosmische Raum war ohne Schmälerung seines Umfangs da. Jedes Ding (etwa die Scheibe eines Spiegels) war eine Unendlichkeit von Dingen, weil ich sie auf allen Ecken des Universums deutlich sah. [Ebenda: 137]

Es folgt eine Beschreibung eines kaleidoskopischen Sehens von Lichtreflexen. Die Überlagerung aller Informationen ist zugleich die Überlagerung „aller Quellen des Lichtes“ [Ebenda: 134], eine reine Information, die sich zu einem reinen, blendenden Weiß addiert.[2]

Ich sah das bewegte Meer, ich sah Morgen- und Abendröte, ich sah die Menschenmassen Amerikas, ich sah ein silbriges Spinnennetz inmitten einer schwarzen Pyramide, ich sah ein aufgebrochenes Labyrinth (das war London), ich sah unzählige ganz nahe Augen, die sich in mir wie einem Spiegel ergründeten, ich sah alle Spiegel des Planeten, doch reflektierte mich keiner […]. [Ebenda: 137]

Die Auflistung endet schließlich – weil sie ein Ende finden muss – mit den Worten, man sähe hier „das unfassliche Universum“ [Ebenda: 138], nicht jedoch, ohne sich selbst als Schreibverfahren zu reflektieren, denn das „Kernproblem [ist] unauflöslich: die Aufzählung, wenn auch nur die teilweise, eines unendlichen Ganzen“ [Ebenda: 136]. Diese „Verzweifelung der Schriftsteller“, wie Borges schreibt, ist tatsächlich ein Paradoxie des Maßstabes. Sobald ich annehme, dass es a) ein Ganzes gibt und b) dass es ein Abbildungsverfahren gibt, welches getreu einem Maßstab ein verlässliches Modell davon hervorbringe, stehe ich vor dem Paradox, dass beides, das Ganze und sein Maßstab, gerade nicht zu definieren sind: Alle Informationen in einem Punkte versammelt, überspannt die Sinne des Lesenden, die Aufreihung aller Informationen in Versen hingegen führt zur Unterspannung. Der ‚Mythos’ Internet bezieht sein Potential wohl immer noch aus jenem Gleichnis mit einem Datenfenster, das Zugriff auf alle Informationen bietet. Dass die Architektur des Netzes aber der quantitativ-numerischen Maßstäblichkeit entsprechend geplant ist, wird mehr und mehr offensichtlich. Denn über semantische Verknüpfungen, die qualitativ verfahren, wird noch immer gerätselt und ein Suchagent, der mich und meinen Geschmack angenehm überrascht, muss noch programmiert werden.

Das Paradox löst sich freilich auf, wenn man nach der Qualität von Informationen fragt, die eigentlich erst aus dem in Form gebrachten, dem Inhalt, so etwas wie eine Kommunikation machen. Diese Form von Kommunikation zwischen Texten und Lesern/Schreibern freilich kann nur dann in den Blick geraten, wenn man die Rückkopplungen des Kartografierens auf die Karte, des Schreibens auf das Geschriebene in den Blick nimmt. Gilles Deleuze und Felix Guattari führen deshalb den Begriff der 'Karte' im Verhältnis zur 'Kopie' ein, um eben den performativen Zug des Kartierens herauszustellen:

Die Karte ist das Gegenteil einer Kopie, weil sie ganz und gar auf ein Experimentieren als Eingriff in die Wirklichkeit orientiert ist. [...] Die Karte ist offen, sie kann in all ihren Dimensionen verbunden, zerlegt und umgekehrt werden, sie kann ständig neue Veränderungen aufnehmen. Man kann sie zerreißen oder umkehren; sie kann sich Montagen aller Art anpassen; sie kann von einem Individuum, einer Gruppe einer gesellschaftlichen Organisation angelegt werden. Man kann sie auf eine Wand zeichnen, als Kunstwerk konzipieren oder als politische Aktion oder Meditationsübung begreifen. [...] Eine Karte hat viele Zugangsmöglichkeiten, im Gegensatz zur Kopie, die immer nur ‚auf das Gleiche‘ hinausläuft. Bei einer Karte geht es um Performanz. [Deleuze/Guattari 1997: 23-24; Auslassungen WDE]

Die von Deleuze und Guattari vorgeschlagene Erweiterung der Karte (im Kontrast zur Kopie) lässt sich als Konstruktion einer Anordnung von Elementen verstehen. Die beiden Autoren haben für solche Anordnungen den Begriff des Rhizoms, der Wurzel geprägt. Anordnungen, Konfigurationen bilden sich stets um. Sie überkreuzen sich mit Ordnungen und Hierarchien, wofür in Tausend Plateaus das Bild des Baumes steht. Dabei sind Karte und Kopie, Rhizom und Baum nicht als Gegensätze zu denken, vielmehr bilden sich die Mannigfaltigen des Rhizoms auf den Ebenen der Ordnung, des Baumes. Karten als rhizomatische Anordnung sind durch ihre Selbstsetzung, ihre Performanz gekennzeichnet, sie gehört dem Feld der Wirksamkeit und Produktion an, während die Kopie in der Lesart von Deleuze und Guattari lediglich reproduziert, „Redundanzen“ [Ebenda: 25] verbreitet.

Um eine solche Redundanz handelt es sich, wenn man das Modellieren der Realität als Karte im Maßstab 1:1 betreibt. Davon handelt Borges’ bekannte, auf Suárez Miranda (1658) basierende Erzählung Von der Strenge der Wissenschaft. Eine Karte eines Königreiches wird erstellt, die so hoch auflösend ist, dass sie schließlich die gesamte Fläche und alle Details des Reiches umfasst.

In jenem Reich erlangte die Kunst der Kartographie eine solche Vollkommenheit, dass die Karte einer einzigen Provinz den Raum einer Stadt einnahm und die Karte des Reichs den einer Provinz. Mit der Zeit befriedigten diese maßlosen Karten nicht länger, und die Kollegs der Kartographen erstellten eine Karte des Reiches, die die Größe des Reiches besaß und sich mit ihm in jedem Punkte deckte. [3]

Es entsteht ein Modell vom Ausmaß einer zweiten Realität, welche sofort die Frage nach einem zweiten Leben, einem ‚Second Life’ darin aufwirft. Dieses aber will nicht recht in Gang kommen. Denn der Sinn einer detailgenauen und machtpolitisch motivierten Parallelwelt lässt sich nicht auf die folgenden Generationen übertragen. Diese wissen folglich nicht, was sie mit dem Monument anfangen sollen und lassen es einfach verfallen.

Die nachfolgenden Geschlechter, die dem Studium der Kartographie nicht mehr so ergeben waren, waren der Ansicht, diese ausgedehnte Karte sei unnütz, und überließen sie, nicht ohne Verstoß gegen die Pietät, den Unbilden der Sonne und der Winter. In den Wüsten des Westens überdauern zerstückelte Ruinen der Karte, behaust von Tieren und von Bettlern; im ganzen Land gibt es sonst keinen Überrest der geographischen Lehrwissenschaften. [4]

Die kleine Geschichte stellt exemplarisch die Frage nach der Performanz und Kompetenz des Schreibens/Kartografierens, welche im Prozess des Alterns der Karte allmählich verschwindet. Blickt man auf die sich allmählich füllenden elektronischen Seiten im Internet, die in ihrem Ausmaß sich zu einer 1:1 Karte unseres Wissens und unserer Welt aufschwingen, so überkommen einen Zweifel, mit welchem spezifischem Kalkül man sich an diesem globalen Schreibprozess beteiligen sollte. Denn man bewegt sich notgedrungen zwischen dem Versprechen, Allerweltsdinge, aller Welt’s Dinge aus dem Netz fischen zu können und den ökonomischen Strategien der Aufmerksamkeitssteuerung, die bereits für analoge Verfahren eingeübt sind. Die Parabel zeigt freilich, dass auch solche Projekte der totalen Machtrepräsentation aus sich heraus zum Einsturz kommen und aus dem Symbol der Macht, der Karte, wieder Allerweltsdinge machen, Ruinen behaust von Tieren und Bettlern.

Mit jedem Akt des Aufschreibens und des Kartografierens wird immer auch ein spezifisches Wissen über die Konstruktion dieser Verzeichnung verdeckt, tritt die Karte als ein Machtdispositiv mit inszeniertem Beobachter, als ein medialer Effekt in Aktion – eine Textperformanz, welche die Sache selbst (die Landschaft, den Cyberspace) verdeckt. Bedenkt man, dass in der Kartografie (wie im Schreiben überhaupt) das Verfahren in seiner Materialität stets und uneinholbar mitschreibt an dem, was zu notieren wäre, müsste man daraufhin ein Schreibkalkül entwickeln.

 

 

III Kalküle elektronischen Schreibens

Für das elektronische Schreiben werden in der Literaturwissenschaft grob drei Szenarien unterschieden:
-    Die Universalbibliothek
-    Kombinatorische, aleatorische und automatisierte Schreibverfahren
-    Kollektives Schreiben [5]

Unter der 'Universalbibliothek' werden dabei enzyklopädische Projekte verstanden, mit denen insbesondere ganze Bibliotheksbestände eingescannt und in neuem Format gespeichert werden. Die Tendenz dieser Projekte sei egalisierend und zerstreuend, wie Gendolla und Schäfer vor dem Hintergrund literarischer Erfahrung schreiben. Denn für die literarische Kommunikation sei es wichtig, dass „der Leser zu lesen bekommt, was der Autor geschrieben hat“ [Gendolla/Schäfer 2001: 76] und diese Form der Kommunikation werde durch den vernetzten Zugriff auf Literatur unterminiert.

Die kombinatorischen und aleatorischen Verfahren des Schreibens sehen die Autoren in der literarischen Tradition eines „unendlichen Lesens“ [Ebenda: 77] vorbereitet, mit denen Literaten Lese- und Rezeptionsprozesse aus ihrer Linearität heraus zu lösen verstünden und in Rückkoppelungen verschalteten. Hier wären etwa Experimente wie Raymond Queneaus Cent Mille milliard de poèmes (1961) zu nennen, welches als Papier-Set aus den Zeilen von zehn Sonetten besteht, die man ähnlich der Küchenpoesie immer wieder neu kombinieren kann – die Anzahl der Möglichkeiten übersteigt die Lebenszeit des Lesers um einen astronomischen Wert.[6] Der Autor verfasst in diesem Fall keine spezifischen Inhalte sondern eine Form, die vom Leser mittels einfacher Kombinatorik erst zu einem lesbaren Text gestaltet werden muss. Vom Leser wird daher als einem Ko-Autor gesprochen. Hieran schließen die Verfahren elektronischer Hypertexte an, bei denen der Leser seinen Lektüreprozess und damit die Erzählung selbst in vorgegebenen Rahmen bestimmen kann. [Wirth 2006: 149-166]

Eine weitere Form der Ko-Autorschaft stellen aleatorische Verfahren dar. Hierunter werden im literarischen Schreiben Collage, Cut-up-Techniken, die écriture automatique aber auch das Konzept der Unbestimmtheit (Indeterminacy) von John Cage und die Strategien im Happening eingeordnet. [Schulze 2003; Heilbach 2003: 117-120] Auf das elektronische Schreibszenario bezogen bekommen aleatorische Prozesse jedoch eine besondere Note, denn es ist offen, von welcher Qualität oder gar Willkürlichkeit der Zufall innerhalb von Programmarchitekturen eigentlich sein kann oder ob es sich nicht immer um Pseudo-Zufälle, letztlich um Würfelspiele handelt, die eben doch determiniert und intendiert wären. [Heilbach 2003: 130f.] Gerade die Umsetzung aleatorischer Verfahren durch Automaten und Rechner spricht für eine weniger kreative Dimension des Zufalls, wenn dieser als Entscheidungsverfahren innerhalb kalkulatorischer und kombinatorischer Prozesse instrumentalisiert wird. Als Verfahren einer Automatisierung der Textgenese kann in diesem Zusammenhang auch die Programmsprachenlyrik angeführt werden, die von der doppelten Semantik von Programmiersprachen – als lesbaren Text und als auszuführendem Befehl – ihre literarischen Regeln herleitet. [Cramer 2001: 112-123]

Bleibt schließlich noch – und hier schließt sich der Kreis – das Schreiben am Netz als ein Prozess kollektiver und namenloser Autorschaft. Diese Praxis ist momentan zu beobachten, wobei hier weniger die expliziten (und damit wiederum mit Autorschaft versehenen) Kollektivromane, etwa Die Versuche und Hindernisse Karls der Romantiker Friedrich de la Motte Fouqué, Karl August Varnhagen, Wilhelm Neumann und August Ferdinand Bernhardi oder der von Hermann Bahr, Gustav Meyrink und zehn weiteren Autoren verfasste Roman der 12 als Paradigma fungieren sollen. Projekte wie die Wikipedia Enzyklopädie oder die mannigfaltigen Formen der Herstellung, Bewertung und Kommentierung von Internet-Angeboten deuten vielmehr darauf hin, dass wir es mit einer anonymen, massenhaften und höchst kontingenten Form verteilter Autorschaft zu tun haben. Es sind gerade die Ausmaße und die Willkür, mit der Texte anwachsen oder liegen bleiben, die auf das Spezifische des Rechner-gestützten, kollektiven Schreibens hinweisen. Zudem ist ähnlich wie bei dem Modell der Universalbibliothek schnell deutlich, dass diese Texte (oder Enzyklopädien) insofern elektronische (und nicht nur elektrisch verstärkte) Texte darstellen, als es wenig Sinn macht, sie in Form eines Buches zu drucken und ihnen ein spezifisches Erscheinungsdatum zuordnen zu wollen.

 

 

IV Prolegomena für ein Archiv und Journal der Medienkunst und Performance

Die drei Schreibszenarien des elektronischen Schreibens – die Universalbibliothek, die kombinatorischen, aleatorischen und automatischen Schreibstrategien und das kollektive Schreiben am Netz – stellen literarische Strategien dar, die sich in der alltäglichen Netzkommunikation überlagern. Es bedarf in der Tat einer besonderen Markierung, um sie als Netzliteratur kenntlich und nachvollziehbar zu machen. Häufig wird diese Markierung über flankierende Publikationen in Buch- und Aufsatzform oder über Events wie Literaturfestivals, Kunstfestivals etc. erst gesichert. Für unseren Kontext der Vorüberlegungen zum performativen Schreiben stellen sie exemplarische Szenarien dar, die eine Orientierung bieten. Denn für jedes Schreibprojekt muss ja geklärt werden, welche constraints [7], welche Formzwänge ihm auferlegt werden, damit überhaupt ein lesbarer Text generiert werden kann. Das Betrifft die traditionellen Fragen: Wer schreibt? Für welchen Leser? Was wird für die Lektüre des Textes vorausgesetzt an Wissen und Aufmerksamkeit? Es ist nicht ganz abwegig, diese grundsätzlichen Überlegungen für das Schreiben noch einmal anzuführen, wenn man bedenkt, dass im Internet sich tatsächlich Expertenwissen und Enzyklopädien mit Tagebüchern, Pornographie, therapeutischen Angeboten und Klosprüchen auf ein und derselben Oberfläche überlagern. Für elektronisches Schreiben kommt hinzu die Materialität (und das Immaterielle) des elektronischen Schreibens, d.h. präziser die Überlagerung eines alphabetischen mit einem numerischen Code. [Vgl. Flusser 1996: 9-14] Man kann diese Möglichkeiten einmal gedanklich an Hand der drei Szenarien durchspielen und damit der von Deleuze und Guattari beschriebenen performativen Kartografie etwas Anschaulichkeit verleihen.

Ein Archiv der performativen Künste und der Medienkunst. So wäre wohl der Titel für eine Universalbibliothek. Das Projekt ist reizvoll und sinnvoll etwa für Forschung und Unterricht, denn es speichert die Kunstprodukte in einem interaktiven Medium, welches zu einem gewissen Grade die raum-zeitlichen Bedingungen der Betrachtung einer Performance oder der Medienkunst simulieren kann. Zugleich ist damit auch die Gefahr verbunden, den Medienwechsel und den Faktor der Archivierung und Erinnerung zu verwischen. Zwischen einer Performance oder einem interaktiven Environment und seiner Beschreibung in Texten und Bildern können wir leicht unterscheiden. Die multi-mediale Aufbereitung als Video und Hypertext hingegen täuscht eine Nähe zum Geschehen vor. Solange die Aufführungs- und Performanceanalyse nur ein rudimentäres Instrumentarium zur Untersuchung der Medien der Performance bereitstellt, solange also unter Medialität eigentlich eine Materialität der Erscheinung, nicht aber eine Verweisstruktur zwischen Medien verstanden wird, ist die Aussicht einer netzbasierten Enzyklopädie der Performance und Medienkunst mit Vorsicht zu genießen. Denn sie verspricht eine Übersicht über ein Geschehen, das in dieser Form nicht nur nicht stattgefunden hat – mehr noch, sie erhebt das Geschehen in seiner Komplexität, Redundanz und Aufwändigkeit allererst posthum zu einem emphatisch zu erlebenden Ereignis. Die Ikonografie und kuratorische Aufarbeitung der Performance Kunst, insbesondere der Body Art ist für diese Art medialer Mythisierung ein Paradebeispiel, die Strategien des Re-Enactment und der Aneignung im Bereich der aktuellen Performance Kunst ziehen ihr Protestpotential eben aus dieser Verfehlung medialer Berichterstattung.

Damit kommen wir zu den poetischen Verfahren der Kombinatorik, Aleatorik und des automatischen Schreibens. Diese Verfahren spielen mit einer verteilten Autorschaft, indem sie andere Kräfte oder Akteure am Prozess des Schreibens beteiligen. Sie öffnen damit die Trias von Autor – Text – Leser. Damit kommen sie dem von Guattari und Deleuze beschriebenen Verfahren der Neu- und Umkartierung sehr nahe. Es wäre z.B. denkbar, die Dokumente der Medienkunst und der Performance nach arbiträren Kombinationsregeln neu zusammen zu stellen oder von Automaten zusammenstellen zu lassen, um so eben diese künstlerischen Strategien selbst in Aktion an ihren eigenen Produkten vorzuführen. Klingt kompliziert, wird aber auf Performance Kunst bereits (analog) praktiziert. Wenn etwa Florian Feigl und Ottmar Wagner in ihrer Enzyklopädie der Performance Kunst eine Bibliothek der Handlungen und Dinge imaginieren, welche die Performance Kunst auszeichnen, so spielen sie gerade mit unerwarteten Verknüpfungen und Verdrehungen von Begriffen, Objekten und Personen. So wird etwa die spektakuläre Performance Shoot von Chris Burden unter den Kategorien ‚Material’ und ‚Handlung’ rubriziert. Im Performance Skript heißt es dazu:

O.W.: 19. November 1971, F. Space, Santa Ana, Kalifornien: Chris Burden wird von einem Assistenten in den Arm geschossen. (Beispiel)

F.F.: "Shoot" ist eine der Ikonen der Performancekunst. Der radikale Gestus und die spezifischen Qualitäten wurden in einer Vielzahl von Publikationen verhandelt. In der "Enzyklopädie der Performancekunst" wird "Shoot" formalästhetisch analysiert (Material: automatische Waffe, performative Handlung: schießen) und mit der Vielzahl von Performances, in denen ähnliche ästhetische und formale Prozesse zu beobachten sind, kontextualisiert.

(Beispiele: Niki de Saint Phalle / Timm Ulrichs / Dick Higgins / Dieter Maier / Francis Alys / Daniel Aschwanden / Ene-Liis Semper) [8]

Die beiden Performer ironisieren nicht nur den Hype, den Chris Burdens Aktion auslöste – ein Verfahren künstlerischer Selbstdarstellung, welches zu erwarten ist [9] – sondern sie verweisen auf eine alltägliche Erfahrung von Kontingenz, die uns gerade in der Netzkommunikation anschaulich vorgeführt wird. Von diesen Erfahrungen bezieht die Performance Kunst von je her ihr Material. Tatsächlich gibt es nämlich keine Instanz, nicht die Intention des Künstlers noch die Materialität der Aktion, die Shoot automatisch zu einer künstlerischen Aktion machen könnte. Kunst ist hier zunächst einmal eine Behauptung, eine Geste des Exponierens, mit der eine alltägliche – sie mag vielleicht als etwas unglückliche Handlung (Fehlschuss) angesehen werden oder eine fragwürdige Kunstfertigkeit (Kunstschuss) aufweisen – mit der also eine Alltagshandlung zur Kunst erklärt wird.[10] Es ist nun aber ebenso müßig, nach den Gründen oder Kalkülen Burdens zu forschen, die ihn dazu bewegten, sich dem Projektil zu stellen, wie es unsinnig ist, eine Suchfunktion im Computer nach einem Hintersinn, einer Intention zu befragen. Der Computer sucht ja tatsächlich alles, auch fehlerhaft eingetippte Begriffe. In dieser Nähe von Sinn und Unsinn, die sich im Tippfehler zeigt, liegt das ganze Geheimnis der Kombinatorik verborgen. Man mache sich einmal den Spaß und setze in diesem Text ‚r’ an die Sterre von ‚l’ und ersetze sodann arre ‚r’ wiedenum dunch ‚n’! [11]

Damit kommen wir zum Aspekt der Lesbarkeit. Es dürfte sich von selbst verstehen, dass insbesondere für das elektronische und zerstreute Lesen im ‚many-to-many’ Medium Internet gilt: Je expliziter und attraktiver die Information bereitgestellt wird, desto höher ist der Grad der Verteilung. Oder anders: Nicht-Lesbarkeit heißt hier Nicht-Existenz – die Effekte auf den real-physischen Raum eingeschlossen. Für diesen Aspekt des elektronischen Schreibens werden deshalb nicht wenig Mühen gescheut, um Grafik und Lay-out von Webpages zu gestalten, um Inhalte zu ‚managen’ und damit Service- und Aktualitätslevel des Leseangebots zu steigern. Wer hingegen in Programmsprachenlyrik seine Botschaft verkünden möchte, wird es schwer haben, seine Durchdringungsleistung der Medialität glaubhaft an den Leser zu bringen. Sehr schnell stößt man also an zeitökonomische und auch finanzielle Grenzen, wenn es darum geht, einige der poetischen Schreibverfahren zwischen Kombinatorik und automatischem Schreiben mit den Anforderungen der Netz-Öffentlichkeit zu verbinden. Es ist daher ratsam, bevor noch das erste Jota geschrieben ist, sich darüber im Klaren zu sein, für welche Teilöffentlichkeit man eigentlich schreibt und wie man diese gezielt und womöglich exklusiv erreicht. Diese Limitierung des Zugangs etwa über Sprachgebrauch und Vorwissen, aber auch über ökonomische und juristische Instrumente (Passwortregelung, Abonnement, E-Kommerz) kann ihre Legitimation tatsächlich also inhaltlich erfahren: Es ist auf Grund der niedrigen Eintrittsschwelle und der daraus resultierenden hohen Konkurrenz im Internet geradezu geboten, die Kommunikation von Autoren und Lesern zu schützen – sonst findet keine Anschlusskommunikation statt. Ob man dies freilich mit dem Instrumentarium des hochgerüsteten Publikationswesens und des E-Kommerz vornehmen will, oder ob man eher auf das eigene kulturelle Kapital vertraut, ist eine offene Frage. Gangbare Wege zur sozialen Relevanz sind immer dort sichtbar, wo bereits bestehende Gruppenkommunikation und Diskurse eine Erweiterung auf Zeit in den virtuellen Raum erfahren: Projekte, wie sie etwa Blogs zu Kunstfestivals, News- und Mailing-Gruppen um politisch brisante Themen (Pressefreiheit, Menschenrechte) oder auch Tauschbörsen darstellen.[12]

Jedoch beziehen diese Projekte ihre Eigendynamik gerade aus einem bereits bestehenden gemeinsamen Interesse und nicht selten aus einem quasi-rituellem Glaubenshorizont, der zeitlich begrenzt sein muss, um zu funktionieren.[13] Die Frage stellt sich damit: Wann und wie beendet man diese Projekte (und damit konsequenterweise die Seite im Internet)? Oder anders: Wie schreibt man, wenn gelten soll: Scriptum non manet? Wie also schreibt man dem Schreiben sein eigenes Haltbarkeitsdatum ein und reflektiert so jene allmähliche Entropie, die dem elektronischen Schreiben innewohnt? Gibt es andere Alternativen, als die Datierung der Schrift oder die Datierung der Rechte an der Publikation?

Damit kommen wir zum letzten Punkt, dem kollektiven Schreiben. Eine reizvolle Vorstellung, zweifelsohne, denn sie hebt ab von der Medientechnik und verweist zurück auf den sozialen Raum. Man stelle sich eine Anzahl allseitig gebildeter Leser vor, die sich und die Welt schreibend entschlüsseln und einen eigenen Diskurs ausbilden – ein Humboldt'sches Ideal von elektronischem Neuhumanismus. Oder gar die emanzipatorische Variante: die Partizipation und Übernahme der Schreibfläche durch die Nicht-Literaten, „Frauen, Männer, Kinder, Verrückte, Primitive, Affen und Maschinen.“[14] Bereits durchgeführte Experimente in den Happenings oder der Philosophie der Postmoderne machen anschaulich, dass mit derartigen Ansätzen nicht viel Staat zu machen ist. Will sagen: Es braucht eine Verfassung und ein Regelwerk, die Kollektivität überhaupt zu einer produktiven sozialen Formation machen kann. Über die Art der Verfassung und die In-Kraft-Setzung der Regeln muss man freilich streiten. Hier allerdings besteht die Gefahr, auf der Ebene der Verhandlungen stehen zu bleiben.

Viel versprechender wäre wohl, Abschied von den basisdemokratischen Ideen von Kollektivität zu nehmen und Kollektivität als Effekt einer Differenzerfahrung zu verstehen. Das würde bedeuten, dass man eher das Mitschreiben am eigenen Text zulassen muss – auch wenn dies rechtlich problematisch oder ideell schmerzlich ist -, dass man sich also in seiner Autorschaft aufs Spiel setzen muss. Es würde zudem bedeuten, das eigene Schreiben schreibend zu reflektieren, etwa durch eine zweite Spalte, ein Schreibtagebuch, eine fiktive Autorschaft. Gerade die Hypertextfunktionen bieten sich für diese Reflexion an. Ziel dieser Reflexion wäre es, den Prozess des Schreibens, nicht dessen Intention und Inhalt, als einen kollektiven Prozess zu Wort kommen zu lassen. Wenn man genauer hinschaut, so finden diese Formen von Kollektivität bereits in jeder im Medium Sprache und im System der Wissenschaft erstellten Textur ihre Anwendung. Zitate und Fußnoten etwa sind ja explizite und eingeübte Verfahren der Mitsprache, der Polyphonie des Textes. An den ‚harten’ Faktoren der Autorschaft und Datierung des Schreibens freilich rütteln sie nicht.

 

 

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1 Diese Überlegungen zur Kartografie und elektronischem Schreiben wurden vom Verfasser ausführlich und auf Medienkunst bezogen dargestellt in: „Kartografien des Interface. Zum Widerstand des elektronischen Schreibens bei Duchamp, O.U.L.I.P.O., Jodi und Knowbotic Research.“ In: Martin Stingelin et al. (Hg.): ‚System ohne General’. Schreibszenen im digitalen Zeitalter. München, 2006, 101-130.
2 Vgl. zum Zusammenhang von Licht, Wahrheit und Sehen die Diskursanalyse „Der Blick und das Licht“ von Hans-Dieter Bahr. Hans-Dieter Bahr: Über den Umgang mit Maschinen. Tübingen: Konkursbuchverlag, 1983, 51-65.

3 Suárez Miranda: Viajes de varones prudentes. IV. Buch, Kapitel XLV, Lérida 1658; zit. n. Jorge Luis Borges: “Von der Strenge der Wissenschaft”. In: Ders., Borges und ich, München: Hanser, 1982, 121; vgl. Umberto Ecos Parodie: “Die Karte des Reiches im Maßstab 1:1.” In: Ders.: Platon im Striptease-Lokal. München: Hanser, 1990, 85-97.

4 Gabriele Brandstetter deutet das Verhältnis von Karte und Welt in dieser Erzählung als Defiguration „Das Kippen zwischen Naturformation und figuriertem Notat geschieht im Maßstab 1:1; und eben durch diese ‚Gleichung’ löscht sich, defigurativ, die Ordnungs- und Orientierungsstruktur der Karte in der Wahrnehmung und im Gedächtnis aus.“ Gabriele Brandstetter: „Figur und Inversion.“ In: Bettina Brandl-Risis, Wolf-Dieter Ernst, Meike Wagner (Hg.): Figuration. Beiträge zum Wandel der Betrachtung ästhetischer Gefüge. München: Epodium, 2000, 189-212, 197.
5 Die Einteilung folgt grob dem sehr übersichtlichen Artikel von Peter Gendolla, Jörgen Schäfer: „Literatur im Netz. Netzliteratur und ihre Vorgeschichte(n).“ In: Text + Kritik. Heft 152 (= Digitale Literatur). Oktober 2001, 75-86.
6 Vgl. zu Queneau und O.U.L.I.P.O. Heiner Boehncke, Bernd Kuhne: Anstiftung zur Poesie. Oulipo – Theorie und Praxis der Werkstatt für potentielle Literatur. Bremen: Manholt, 1993; für eine elektronische Version vgl. http://www.uni-mannheim.de/users/bibsplit/nink/test/sonnets.html (letzter Zugriff 5.8.2008).
7 Von Constraints = Zwängen sprechen die Mitglieder der französischen literarischen Schule O.U.L.I.P.O (= Ouvroir de Littérature Potentielle). Vgl. hierzu Raymond Queneau: „Potentielle Literatur.“ In: Boehncke, Kuhne (1993), 43-60.

8 Florian Feigl, Ottmar Wagner: „Wagner-Feigl-Forschung: Die Enzyklopädie der Performancekunst.” http://www.unfriendly-takeover.de/downloads/f14_wagnerfeigl_text.pdf (Seite 2, letzter Zugriff 7.8.2008).

9 Diese ironische Haltung zum medialen Hype hat bereits Burden selbst vorweggenommen. Vgl. seine Aktionen Back to You (1974) und TV-Hijack, die auf die gesteigerte Erwartung spektakulärer Handlungen durch Burden anspielen. Nähere Beschreibungen der Hintergründe finden sich in Carl E. Loeffler, Arlene Tong (Hg.): Performance Anthology. Source Book for a Decade of California Performance Art. San Francisco 1980: 102.

10 Diese Geste wurde im Anschluss an Marcel Duchamps Konzept des Ready-made als ‚Nominalismus in der Kunst’ kritisch kommentiert von Thierry De Duve: Kant nach Duchamp. (Aus dem Französischen übersetzt von Urs-Beat Frei und Michael von Killisch-Horn). : [Boer 1993: 277-315].

11 Vgl. hierzu den zweiten Teil mit konkreten Vorschlägen zu Schreibkalkülen in [Boehncke, Kuhne 1993: 63-132].
12 Vgl. hierzu etwa die Szene des Medienaktivismus. Einen guten Einblick bietet Inke Arns, Andreas Broeckmann „Surfen an der Lower East Side Europas.“ (1997) http://www.projects.v2.nl/~arns/Texts/Media/surf-dt.html (letzter Zugriff 7.8.2008); vgl. ebenfalls die Experimente zeitbasierter Vernetzung, etwa der Hybrid Work Space auf der Kasseler Documenta 10 und das Netsymposion auf der Ars Electronica 1997 in Linz; vgl. die Synopsis von Tom Sherman: "Net Symposion. Menschliche Informationsmaschinen formulieren ihre Anliegen und Wünsche.“ In: Flesh Factor. Informationsmaschine Mensch. Wien, New York 1997: 22-45.


13 Vgl. zum Thema Kollektivität die Publikationen des Autors: „Kollektive Kreativität als kulturpoetisches Prinzip.“ In: Kollektive Kreativität. (= Jahrbuch der Universität Hildesheim). Tübingen: 2005: 35-52; zus. m. Meike Wagner: „Netzwerk und Performanz. Prolegomena zu einer Netzwerkperspektive in der Theaterwissenschaft.“ In: Forum Modernes Theater. 2/2007: 197-210.

14 So de Duve zum Einbruch des Gewöhnlichen in den Bereich der Kunst und Kreativität. „Die regulative Idee der Moderne ist ganz im Sinne des Manns ohne Eigenschaften (und Geschmack): Jeder kann Kunst machen, Frauen, Männer, Kinder, Verrückte, Primitive, Affen und Maschinen.“ [De Duve 1993: 296].
Literatur
Arns, Inke/ Broeckmann, Andreas. „Surfen an der Lower East Side Europas.“ (1997) http://www.projects.v2.nl/~arns/Texts/Media/surf-dt.html (letzter Zugriff 7.8.2008)

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Boehncke, Heiner/ Kuhne, Bernd. Anstiftung zur Poesie. Oulipo – Theorie und Praxis der Werkstatt für potentielle Literatur. Bremen 1993; elektronische Version vgl. http://www.uni-mannheim.de/users/bibsplit/nink/test/sonnets.html (letzter Zugriff 5.8.2008).

Borges, Jorge Luis. “Von der Strenge der Wissenschaft” In: ders., Borges und ich. München 1982, 121.

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De Duve, Thierry. Kant nach Duchamp. (Aus dem Französischen übersetzt von Urs-Beat Frei und Michael von Killisch-Horn) Boer 1993, 277-315.

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Ernst, Wolf-Dieter. „Kollektive Kreativität als kulturpoetisches Prinzip.“ In: Kollektive Kreativität. (= Jahrbuch der Universität Hildesheim). Tübingen 2005, 35-52.

Ernst, Wolf-Dieter/ Wagner, Meike. „Netzwerk und Performanz. Prolegomena zu einer Netzwerkperspektive in der Theaterwissenschaft.“ In: Forum Modernes Theater, 2/2007, 197-210.

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